Erotische Geschichten

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Wer stirbt schon gerne unter Palmen

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Zweites Kapitel

Und so geschah es, das Werner sie am Büro aussetzte, … ein letztes Küsschen, – ein letztes Mal sprang die statische Aufladung ihres Mohair Pullis schmerzhaft auf seine Lippen über und dann – nicht dass er es nicht versucht hatte – auf und davon!

Er fuhr jetzt mit gutem Gewissen nach “Hause,“ vergewisserte sich im Mobil alles ausgeschaltet zu haben, packte nur einige Tangas, Socken, eine Hose, ein paar t Shirts, sein Kulturtäschchen seinen Pass, Schlüsselbund und ein wenig Kleingeld ein. Mit einer Einkaufstüte in der Hand verließ er das Haus, blickte sich noch einmal um zu winken. Sicherlich stand hinter der Gardine die Schwiegermutter und schaute unsichtbar.

Dann schwang sich Werner in den Rennwagen, fuhr noch bei ihrer Volksbank vorbei, hob 300 DM vom gemeinsamen, 2000 DM schweren Konto ab, verabschiedete sich freundlicher als jemals zuvor, von den netten Angestellten – und machte sich aus dem Staub.

Und er fuhr der Sonne entgegen, als im Radio auch noch den Song von Madonna erklang – “La Isla bonita,“ kamen dem sonst unerschütterlichen Mann die Tränen. Auch musste er an seine Eltern denken, die sich wohl am meisten sorgten, wenn ihr einziges Kind plötzlich nicht mehr da ist. – so leid es ihm auch tat, er konnte ihnen sein Vorhaben nicht mitteilen, so gern er es gemacht hätte … und die, ausnahmsweise einmal, nur ihm alleine, vor kurzem 5000 DM zugesteckt hatten – zum Trost, und wie sein Vater zum wiederholten Male meinte: „mein großer Junge, die Weiber sind mal dein Verderb!“
Der Karren sollte ja angeblich durchgesehen worden sein! Einige mal blieb er liegen, nicht zuletzt wegen eines undichten Kühlers. Doch er kam, sich durchfragend, einen Tag später als geplant heil an der Anlegestelle der Fähre im Hafen von Cadiz an. Erwartungsvoll hatte er sich in den letzten Wochen auch intensiv mit der schönsten Sprache der Welt beschäftigt.

Nach einigen Stunden beharrlichen Wartens wurde seine Ausdauer belohnt!
Es waren alle Plätze verkauft – bis auf die, deren Reservierung nicht wahrgenommen worden war. Das waren zehn freie Plätze, von denen Werner die Nummer Acht hatte.
Na also, es geht doch gut weiter, wenn auch ganz schön teuer! Denn diese Überfahrt ins Paradies kostete mal eben 1200 DM.
Ach was soll’s! Das musste der Alfred doch bezahlen, dachte Werner sich logischerweise, ist doch sein Auto.
Zum guten Schluss durfte er als letzter rückwärts aufs Schiff und wurde in eine Lücke gleich neben der Rampe gequetscht.
Nun war es aber an der Zeit, die Kabine zu suchen und endlich zu duschen!
Nach endlosen versuchen, auf diesem schwankendem Boden sein Bett zu finden, zeigte er einem, der so aussah wie ein Kellner, seine Eintrittskarte, damit er ihn auf den rechten Weg führte. Was er auch gerne tat und mit Werner im tiefsten inneren, in dem der Gestank nach Bohnerwachs und Dieselöl noch intensiver wurde verschwand.
Alfred hatte ihm ja schon von den verheerenden Zuständen erzählt; doch konnte er es nicht glauben, sich nicht vorstellen, dass einem Menschen so ein Loch zum Wohnen zugemutet wird. Und auch noch für so viel Geld!

Eines der vier Betten, besser gesagt, Verschläge – und natürlich das obere! – war noch frei. Herrje! Da wollte er sich auf keinen Fall niederlassen, in keines von ihnen! Die Matratzen waren bestimmt nicht besser als die, auf welche ihn die kleine Eckensteherin ihn gestern eingeladen hatte. Da wollte Werner lieber im Stehen schlafen!
Auch die Dusche sah nicht einladender aus – mit den glitschigen Haaren im Abfluss und dem aus den ecken quellendem Schimmel.

Doch Werner wollte sich trotzdem das Salz vom Körper abspülen, das er seit der letzten Waschung im Meer an sich hatte und das ein unschönes Gefühl verursachte.
Also zog er sich in der Kabine aus und ging – nur mit seinem feuerroten String-Tanga von Bruno Banani bekleidet – über den Gang zu den Gemeinschaftsduschen, wobei ihm ein wohl zum Personal gehörender Mann aufmerksame Blicke zuwarf.
Ganz plötzlich stand er vor der offenen Dusche und reichte Werner ein Stück Seife. Dann glitt er ein Stück zur Seite und schaute ihm zu. Er stand dort wie ein Butler, mit dem Handtuch überm Arm und einem freundlichen Ausdruck im Gesicht.
Als Werner fertig war, bot er ihm an, den Rücken zu trocknen. – das war ja ein toller Service hie, wohl als Ausgleich für die dreckigen Duschen!
Der liebe Werner bedankte sich dann, so gut er konnte, und ging zurück in seine Kabine, wo es für den Rest der Körperpflege ein Waschbecken und Spiegel gab.
Frisch rasiert, jedoch mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, wollte er feststellen, was es auf dem Dampfer Gutes für ihn gab! Als er aus der Tür trat, stand dort schon dieser nette Mensch und lächelte ihm zu.
„¡Hasta luego!“, sagte Werner zu ihm.
Schön, dass es noch so freundliche Leute gibt.

Dort unten im Unterdeck hatte Werner nicht mitbekommen, das sie inzwischen schon ausgelaufen waren. Das merkte er erst daran, dass Geradeaus laufen gar nicht mehr so einfach war. Er wollte seine kleine Plastiktüte aus Sicherheitsgründen ins Auto bringen und nur das Bargeld bei sich führen, damit er, falls sie absaufen, nicht ganz ohne was dasteht.
Das erwies sich als gar nicht so einfach, weil alle Türen, die zum Autodeck führten, schon verrammelt waren. Der zuständige Offizier, der ihn gerade noch so passieren ließ, meinte, dass es das letzte Mal ist; dann erst wieder, wenn das Schiff in drei Tagen in Teneriffa anlegt.
Das war schon ganz gut so. Andernfalls wäre der Laderaum ja ein Paradies für Autoknacker.
Als Werner dann endlich an der Reling stand und auf das nächtliche jMeer schaute, wurde ihm bewusst, das Seefahrern eigentlich nicht seine Stärke war; so schnell nahm sein Unwohlsein zu und die verdammte Migräne kam auch wieder.

Der Kaffee sowie auch der Brand, der in seinem Magen den Wellen gleich auf und abrollten, konnten ihm keine Erleichterung verschaffen. So krank hatte er sich noch niemals gefühlt! Alles schwankte und drehte sich, als wäre er stundenlang Karussell gefahren.
Mit letzter Kraft setzte er sich in irgend einem Saal auf ein Sofa und wollte sterben.
Später brachte man Werner in sein Bett, aus dem ihm dann in Teneriffa derselbe freundliche Mann heraushalf, der ihm schon beim Duschen behilflich gewesen war. Er musste doch das Auto herausfahren, um einen Teil der anderen herauszulassen; nach ein paar Stunden wieder hinein. Das gleiche in las Palmas.
Mit dieser Verantwortung belastet, blieb Werner keine Zeit zum Sterben!
So kam er letztendlich – entgegen anderer Meinungen – doch schon in diesem Leben ins Paradies. Von dem er jedoch auf dem Weg zu Alfreds Tempel nicht viel mehr sah als Palmen, schwarze Asche, schwarze Berge und viele, viele Mädchen in den aufregendsten Tangas.
  • Geschrieben von Optimist
  • Veröffentlicht am 07.12.2016
  • Gelesen: 2830 mal
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