Sophies grüner Daumen

Der Tag ist sehr jung. Sophie entzückt sich bereits an unserem Garten. Ich stehe auf, kann sie vom Fenster aus sehen. Sie hockt barfuß zwischen Gemüsepflanzen. Der Boden braucht dringend Lockerung. Zarte Kohlblätter und Zwiebelkraut kitzeln ihr die Knöchel und Waden.
Dunst über Gras löst sich gemach auf. Die Sonne blickt über Dächer, scheint eine Botschaft von Liebe verkünden zu wollen.
Ich recke mich und mache mich auf zu Sophie. Meine Lungen empfangen die feuchte, sich langsam erwärmende Luft dieses neuen Tages. Jeden meiner Schritte setze ich mit Bedacht in den Mulch.
Geformter Buchsbaum säumt den Weg in sattem Grün und leitet mich. Fein geschnittene Hecken und Büsche sind Sophies Terrain.
Ein Konzert aus Vogelgesang dringt wie Cheerleading in meine Ohren, welches meine Seele massiert und mich antreibt, meine Frau zu gewahren.
Sophie bemerkt mich, lächelt und steht auf. Eine zweite Sonne scheint damit für mich vor Apfelblütenkulisse.
Meine Gedanken umrunden den gestrigen Tag. Sie saß mit mir auf der Bank hier neben diesem fruchtbaren Feld. Ihre Lippen waren zärtlich und intensiv, so wie ihr Wesen selbst ist. Sie liebt es und genießt mit der Saat zu spielen.
Jetzt bin ich bei ihr, ihr Atem streift meine Wange.
Ein Lächeln findet ein anderes. Hände streicheln über unsere Haut. Der Vorhang aus leichtem Stoff, welcher Trennen möchte, wird geöffnet und gibt frei, was uns erfreut.
Innerliches Beben durchfährt mich infolge ihrer Berührungen. Ich spüre es auch bei ihr. Eine ihrer gewandten Hände greift nach dem Werkzeug. Sie pflegt achtsamen, geschickten Umgang mit ihm. Es stimuliert das erwartete Wachstum extrem.
Ihr Bein lädt mich ein, bei der Hege zu helfen. Es holt mich an sie heran. Im Zusammenspiel halten mich ihre Schenkel nun fest umschlungen. Der Morgenduft ihrer Haut in Harmonie mit dem frischer Kräuter, ich atme es wie süchtig ein. Es verzaubert mir die Sinne.
Der Boden des Ackers ist feucht. Tief wird er mit Hingabe bestellt. Das Bestreben unserer Körper in inniger Einheit tut so gut.
Umliegende Häuser haben Augen. Scheiß der Hund drauf, denn hohe Spalierobstbäume sind unsere Freunde.
Die Arbeit lässt ihr den Kopf in den Nacken drängen und ihr großer Strohhut fällt. Ihre himmlische Haarpracht hüllt mich ein. Außer Atem führt die Mühe unserer Körper in Entspannung wie ersehnt. Samen findet seinen Weg in Muttererde. Das Beet und die Furchen dafür wählt Sophie intuitiv. Wie geschaffen ist sie für die genussvolle Behandlung der reichhaltigen Frucht.
Nur Sophie, nichts anderes würde ich in meinem Leben vermissen.
Ich feiere jede Sekunde, seitdem ich sie kenne und trauere um jede davor.