Schwarze Krähe - Teil 7

28.02.2024, 18:19 Uhr, Greenville, Texas

Chris ließ den Mercedes auf dem Kundenparkplatz der Boutique stehen. Er führte Alina ein paar Straßen weiter in Richtung einer Eisdiele in einem gemütlichen Viertel mit Altstadtflair. Sie mussten langsam gehen, da Alina ungelenk auf ihren hohen Absätzen neben ihm entlang torkelte. Jeder einzelne Schritt forderte ihre volle Konzentration. Alinas Füße schmerzten bereits. Und dennoch genoss sie die Zeit an Chris' Seite. Sie sog jede Sekunde davon auf wie die frische Luft des milden Frühlingsabends.

In Alinas Gedanken geisterte weiterhin die Frage herum, warum Chris ihr Verhältnis unbedingt geheim halten wollte. „Was zwischen uns passiert bleibt zwischen uns!" Das Gefühl von Ungerechtigkeit war nicht mehr so ausgeprägt wie zu Beginn, wenn sie über diese Worte nachdachte. Dennoch begriff Alina sie nicht. Umso besser fühlte es sich an, in aller Öffentlichkeit an seiner Seite durch die Straßen zu schlendern. Das entschädigte auch für die gaffenden Blicke, die sie in ihrem neuen Outfit vermehrt zugeworfen bekam. Jetzt - neben Chris - fühlte sie sich kaum noch billig. Chris hatte Niveau! Mehr als jeder andere Mann, den sie bisher kennengelernt hatte.

An der Eisdiele angekommen besorgte Chris Aline und sich jeweils ein Eis. Vanille für sich - und Erdbeere für Alina. Sie setzten sich auf eine schmale Bank, die sich rundherum um einen blühenden Kirschbaum erstreckte. Alina zog ihren Rock nach vorne und überkreuze die Beine. Die kurze Pause tat ihren Füßen gut. „Wunderschön hier..." schwärmte Alina. Ihr Bauchkribbeln war stärker denn je - die Fledermäuse gerieten allmählich in die Unterzahl.

Chris nickte und leckte an seinem Eis. „Wirklich wunderschön..." wiederholte er langsam Alinas Worte und legte seine Hand auf ihr Knie. Alinas Atem wurde schwer. Das war heiß! Nun kribbelte es noch tiefer in ihr! Seine kräftigen Finger raubten ihr den Verstand. Dabei spürte sie nicht mehr von ihm als ein bisschen Körperwärme. Sie war feucht, mindestens! Chris' Daumen begann sich zu regen, und streichelte sanft über ihr Knie. Alina erschrak von der unverhofften Bewegung und presste instinktiv ihre überschlagenen Beine fester aufeinander. Beinahe kam sie! Gerade noch rechtzeitig lockerte sie den Druck ihrer Schenkel. Chris hob seine Hand wieder. Das war knapp! Alina errötete.

Allmählich beruhigte sich ihr Atem wieder. Was machte dieser Mann nur mit ihr? Alina versuchte sich wieder auf ihr Eis zu konzentrieren und sich nichts anmerken zu lassen. Langsam schaltete sich auch ihr Kopf wieder ein. Ihre starke körperliche Reaktion weckte Alinas Skepsis von neuem.

Sie hatte Mut gefasst für ihre Fragen. „Was beabsichtigst Du mit mir?" die ausgetrocknete Kehle ließ ihre Stimme anfangs versagen. Chris schaute erstaunt zu ihr herüber. Er schien diese Frage nicht erwartet zu haben. Zumindest nicht hier und jetzt. Er biss noch einmal in seine Waffel und kaute nachdenklich. „Mir ist noch nie eine Frau begegnet, in der ich so viel Potenzial gesehen habe wie in Dir!" antwortete er nachdem er geschluckt hatte. Alina runzelte die Stirn. Er sprach in Rätseln. „Was für ein Potenzial?" bohrte sie nach. Er blickte sie ernst an. „Potenzial, in mein Leben zu passen!" antwortete er knapp aber mit einer unerschütterlichen Bestimmtheit. Alina wuchs eine Gänsehaut über den Rücken. War das die Antwort, die sie hören wollte? Sie wusste es selbst nicht.

Chris schlang nun vorsichtig seinen Arm um ihren Rücken. Das hatte er noch nie getan. Es fühlte sich so gut an. Wie schön musste es erst sein, ganz in seinen Armen zu versinken? „Alina, Du denkst zu viel!" seine Worte klangen liebevoll. Eher nach einem väterlichen Rat als nach einem ernsthaften Vorwurf. „So lange Du loyal zu mir bist, werde ich es auch zu Dir sein!" versicherte er ihr. Ein Meer aus Wärme legte sich um Alinas Herz. „Das genügt mir!" hauchte Alina Chris erleichtert zu und blickte verliebt zu ihm auf. Er küsste sie noch nicht.