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Schwarze Krähe - Teil 4

5 von 5 Sternen
26.02.2024, 17:58 Uhr, Blossom, Texas

Alina wippte unruhig auf ihren Zehenspitzen am Straßenrand. Noch war der Mercedes nirgends zu sehen! Sie hatte sich in Jeans und Rollkragenpullover geschmissen und zum ersten Mal seit Monaten wieder geschminkt. Es war kalt. Alina zog ihren Mantel zu. Der Duft des blumigen Parfums stieg ihr in die Nase. Ihre Hände waren kalt.

Den ganzen Tag über hatten sich ihre Gedanken nur um Chris gedreht. Selbst Erika war dies nicht entgangen. „Kein Wunder, dass Du keine Kontakte knüpfst, wenn Du so abwesend bist.." äffte Alina ihre Kollegin gedanklich nach. Sie war Arzthelferin in der kleinen Arztpraxis für Allgemeinmedizin Dr. Plath in Blossom. Dort teilte sie sich die administrativen Aufgaben mit Erika. Trotz des dörflichen Charakters und der Stammkundschaft hatte Alina in Blossum nie richtig Fuß gefasst - was Erika ihr bei jeder Gelegenheit vorhielt.

Gerade als der alte Kirchturm 6 Uhr läutete, fuhr Chris in seinem schwarzen Mercedes vor. Alina schoss das Blut in die Adern. Sie war ohne Frage aufgeregt. Und spürte die ganze Last ihrer diffusen Erwartungen, vor dessen Enttäuschung sie sich so fürchtete. Chris stieg aus, musterte Alina beiläufig und drückte ihr zur Begrüßung zwei Küsschen rechts und links auf die Wangen. Er trug wieder einen blauen Dreiteiler, darüber einen knietiefen, dunklen Mantel. „Schön, dass Du hier bist!" sagte er und öffnete Alina die Beifahrertür.

Alina klopfte sich ihre Boots ab und stieg in den Wagen. Der penibel gereinigte Fußraum ließ nicht vermuten, dass sie gestern schon einmal hier gesessen hatte. Chris hatte den Boden tatsächlich erneut gereinigt! Er setzte sich neben sie auf den Fahrersitz, startete den Motor und fuhr los.

Chris gab sich nicht sonderlich gesprächig. Wieder lief klassische Musik, doch heute kommentierte er die Stücke nicht. „Ordnung ist Dir wichtig, oder?" fragte Alina vorsichtig, um die Stille zu durchbrechen. Chris lies die Frage sacken, ehe er nickte. „Einige Kollegen nennen mich Kommissar Asperger. Was ziemlich töricht ist, denn ein Mensch mit einer derartigen Beeinträchtigung könnte niemals leitender Ermittler werden." Alina verkniff sich ein Schmunzeln. Sie konnte gut nachempfinden, warum seine Kollegen ihm diesen Spitznamen verpasst hatten.

„Wohin fahren wir eigentlich?" fragte Alina als nächstes. Seit er sie am Vorabend am Bordstein ausgesetzt hatte beschäftigte sie diese Frage. Chris zuckte vielsagend mit dem Achseln. „Lass Dich überraschen..."

In der kleinen Innenstadt von Hopewell parkte Chris den Wagen am Straßenrand und half Alina beim Aussteigen. Entgegen jeglicher Vermutung fand sich Alina ein paar Gehminuten später in der Lobby eines kleinen Nagelstudios wieder. Noch nie zuvor hatte sie selbst einen solchen Laden besucht, geschweige denn Dienstleistungen in Anspruch genommen. Ganz im Gegensatz zu ihrer besten Freundin Jenny. Auf diese hatte Alina bereits einige Male in der großen Shopping-Mall gewartet - meist auf einem benachbarten Massagesessel abseits des Studios. Doch dieser Salon hier war anders. Edler, dunkler, elitärer!

„Was machen wir hier?" zeigte sich Alina verwundert. Etwas in ihr sträubte sich. Dieser Ort passte nicht zu ihr. „Du hast einen Termin!" entgegnete Chris knapp. In seinen Worten lag eine ungeheure Selbstverständlichkeit. Ehe sich Alina dessen richtig bewusst wurde, fand sie sich bereits auf dem Hocker vor der Salondame wieder. Diese begann bereits damit, ihre Fingernägel unter ihrer Lupe zu feilen.

Alina ließ es geschehen. Seine Überrumpelungstaktik betäubte ihr alarmierended Gefühl von Hilflosigkeit. Die Salondame erschuf an ihren Fingern lange, weiße Gelnägel, die sie teils zusätzlich mit Perlen verzierte. Alina fremdelte mit dem Anblick. So richtig konnte sie sich damit nicht identifizieren.

„Als nächstes bitte die Füße freimachen!" Die Worte der Salondame entfachten in Alina ein unruhiges Brodeln. Auch noch die Füße? Allmählich wurde es ihr zu viel. Alina verspürte einen Fluchtreflex. Sie wollte plötzlich nur noch weg! Hilfesuchend blickte sie zu Chris, der im Wartebereich in einer Zeitschrift blätterte. Er schaute zu Alina auf und nickte ihr nur bestimmt, aber seelenruhig zu. Sein besonnenes Wesen schenkte Alina ihre innere Ruhe zurück und besänftigte ihr Brodeln. Der Fluchtreflex war passé. Alina zog ihre Schuhe aus und ließ die Pediküre machen. Als die Salondame schließlich auch mit Alinas Füßen fertig war bezahlte Chris die Rechnung und verabschiedete sich dankend von der Inhaberin.

Nach dem Besuch im Nagelstudio fuhr Chris mit Alina ins Dallas Museum of Art. Es war Thursday Night Live, eine wöchentlich stattfindende Veranstaltung, die mit Live-Musik und Essensangeboten versuchte, mehr Besucher in das Museum zu locken. Bedingt erfolgreich, wie der schwache Besucherstrom an diesem Abend verdeutlichte.

Chris lief eng neben Alina durch die hohen Gänge des Museums. Ihre Hände berührten sich fast. Alina verstand von Kunst ebenso wenig wie von klassischer Musik. Dass Chris ein Faible für Kunst hatte, überraschte sie hingegen nicht. Es passte zu seiner intellektuellen, geheimnisvollen Art. An seiner Seite, als seine Begleitung, fühlte sie sich in dem Kunstmuseum weit weniger fremd als sie es befürchtet hatte. Doch in den abstrakten Kunstwerken konnte Alina nicht ansatzweise das sehen, was Chris wahrnahm. Es kam ihr vor, als fehlte ihr ein Sinnesorgan für diese Dinge. Chris hingegen zeigte sich fasziniert. „So wirr die Kunst auch scheint, sie folgt simplen Mustern. Mustern, die typisch für den jeweiligen Künstler sind und diesen in einem ganzen Meer von Künstlern unverwechselbar erscheinen lässt!" frohlockte er und betrachtete mit großen Augen einen der Ausstellungsbereiche. Alina nickte stumm und dachte über das Gesagte nach. Er war so tiefgründig!

„Auch mein Leben organisiere ich nach spezifischen Mustern!" Chris blickte sie ernst an und riss sie damit aus ihren Gedanken. Seine geballte Aufmerksamkeit, die er eben noch den Kunstwerken geschenkt hatte widmete er plötzlich ihr. „Was meinst Du?" Alina dachte an seinen Spitznamen, Kommissar Asperger, sowie die ausgeprägte Ordnungsliebe, die sein Wagen über ihn preisgab. „Ich habe sehr konkrete Vorstellungen davon, wie die Dinge in meinem Leben zu sein haben!" Die Bestimmtheit seiner Worte ließ Alina schlucken. „Du meinst so wie meine Nägel?" entgegnete sie schnippisch. Chris beeindruckte ihr dezenter Unterton in keiner Weise. „Unter anderem!" Erst jetzt bemerkte Alisa ihren getarnten Vorwurf. Ihr schlechtes Gewissen keimte auf, auch wenn Chris überhaupt nicht darauf angesprungen war. „Was noch?" fragte Alina umso demütiger.

Chris lächelte und schüttelte sanft seinen Kopf. Er kam vor sie, legte seine gestreckten Arme auf Alinas Schultern und blickte ihr tief in die Augen. Alinas Bauch kribbelte beim Blick in Chris' starre, dunkle Augen. „Das werde ich Dir heute nicht aufzählen. Du wirst es Schritt für Schritt kennenlernen!" erklärte er langsam. Alina senkte ihren Kopf. Noch länger konnte sie seinen Blick unmöglich ertragen. Es fühlte sich an, als schaute er durch ihre Augen hindurch bis in die geheimsten Tiefen ihrer Seele. Als zog er sie innerlich aus. Und Alina wollte ihm auf keinen Fall ihr unbändiges, diffuses Verlangen offenbaren, dass er gerade in ihr entfachte. Mehr als ein schüchternes „okay" brachte sie nicht mehr über ihre Lippen. „Eine Bedingung gibt es allerdings noch!" fuhr Chris fort. „Ja?" fragte Alina neugierig. Ihr Kribbeln beruhigte sich gar nicht mehr. „Das zwischen uns bleibt unter uns!"
  • Geschrieben von JohnDoe
  • Veröffentlicht am 04.04.2024
  • Gelesen: 2647 mal
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