Erotische Geschichten

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Nr.264 1944 Melanie, die rosige Dirndl-Wirtin

5 von 5 Sternen
Fortsetzung von "Tagebuch eines Casanovas"= Roman Macek, der Musikstudent 1944 in München

In der letzten Geschichte hatte Roman einen heftigen Nachmittag & Nacht mit der rothaarigen Esther,
die Ihn mit Sex zu einer Musiktournee zu überreden versuchte. Ein Pianist war ausgefallen.
Als Roman am 1. 9.44 aufwacht, ist Esther auf Tournee gegangen...

Das Gastzimmer (seiner Pension auf dem Lande vor München) war leer bis auf den alten bärtigen Bauern. Mit aufgestützten Ellenbogen hielt er den Kopf in beiden Händen, starrte in den Bierkrug. Ich setzte mich an den Ecktisch am Fenster. Übel war mir, vor Hunger übel. Meine schlechte Laune nahm ständig zu. Nervös spielte ich mit verfleckten Bierfilzen, Reklame von irgendeiner Brauerei. Ließ einen über den Tisch rollen und ärgerte mich, als er beim zweiten Lauf auf dem Fußboden landete.

Ich hätte mitfahren sollen (auf Tournee). Jetzt sitze ich allein mit knurrendem Magen in einem gottverlassenen Wirtshaus und spiele mit Bierfilzen. Warum bin ich eigentlich nicht mitgefahren. Was hielt mich hier fest? ich versuchte nachzudenken. Es mißlang.

Mein Blick glitt magisch angezogen immer in die selbe Richtung. Auf den Herd hinter der Theke mit den blitzenden Gläsern stand die Küchentür offen. Die Wirtin hantierte geschickt mit einer Pfanne und rührte mit einem Holzlöffel in einem Topf.

Ich hatte ihr eine Fünfziggramm-Fleischmarke gegeben, zweimal zehn Gramm Fett und hundert Gramm Brot. Sie hatte gelächelt, als ich sie heute nachmittag um etwas zum Essen bat und war widerspruchslos in die Küche gegangen.

Mißmutig kaute ich an einer Brotrinde, formte aus Krümeln Kügelchen, verwandelte sie in einen Würfel und bohrte mit zwei Streichhölzern Löcher hinein. Eines in der Mitte, zwei auf der anderen Seite .... Ich muß zum Wohnungsamt. Wann? Ich habe keine Lust. Drei Löcher. Das Streichholz zerbrach. Verdammt, ich habe Hunger. Wo soll ich wohnen? Irgend wohin muß ich gehen. Wohin? In die Stadt?

Ich hatte sie nicht kommen sehen. Rosig und drall stand sie da, stellte das Tablett vor mich hin: saftiger Kalbsbraten mit kleinen Pilzen garniert, Gemüse, Kartoffeln, Salat, duftende Soße ... eine Fata Morgana!!

"Ein Mann braucht scho a bisserl mehr", sagte sie, als müsse sie sich für das üppige Essen entschuldigen.
Ich sah flüchtig auf. Sie kämpfte mit Verlegenheit. "So, und jetzt lassen´s Eahns schmecken!"
Schnell verschwand sie in der Küche.

Ich aß wie alle Hungrigen dieser Erde. Bis nichts mehr übrig blieb. Aufatmend schob ich den Teller beiseite. Wohlig satt lehnte ich mich zurück, zündete eine Zigarette an und sog den ersten Zug tief ein. Hinter schwerelosen Rauchkringeln sah ich sie hinter der Theke lächeln. Der Spitzeneinsatz des gestärkten Dirndlkleides verbarg kaum den prallen Busenansatz. Es kam mir vo,r als errötete sie wieder. Angestrengt wischte sie über den Schanktisch,
an dem es nichts zu wischen gab.

"Noch ein Bier gefällig?" Fragte sie gewohnheitsgemäßig. Ich nickte. Sie brachte das Bier, räumte den Tisch ab
und lief schnell in die Küche zurück. Ich sah ihr nach. Sie hatte wohlgeformte Beine.

Der alte Bauer erwachte aus seinem Dämmern, erhob sich umständlich und schlurfte hinaus, nach dem er mit zwei Fingern am verbeulten Hut eine Art militärischen Gruß angedeutet hatte.

Allein spielte ich wieder mit dem Brotkrümel, bohrte die fehlenden Löcher ein und begann gelangweilt zu würfeln.
Es wäre vielleicht gut in die Stadt zurückzukehren. Faul streckte ich die Füße unter den Tisch aus. Der Würfel rollte.
Drei... Oder telefonieren. Wenn jetzt eine Eins kommt, rufe ich Anni an. Und wenn der Krieger noch bei ihr ist? Eins.

Die Wirtin klappert in der Küche mit dem Abwasch. "Bitte schön, kann ich telefonieren?" Frage ich höflich und sie errötet wieder. Das Telefon hängt in der Küche an der Wand. Nachdem ich die Nummer gewählt habe, sehe ich ihr beim Abtrocknen zu. Sie hat wirklich hübsche Beine.

Anni meldet sich mit gereizter Stimme. "Na endlich, warum hast du nicht früher angerufen?"
"Es ging nicht. Was macht dein Krieger?"
"Wenn du diese Null meinst, sie ist bereits heute morgen abgefahren. Und du?"
"Ich wollte den Platz des Helden nicht sofort neu besetzen." (Die Küchenarbeit meiner Wirtin scheint sehr viel Konzentration zu beanspruchen, sie trocknet bedächtig ab.)
"Hör mal.. du hast nicht den geringsten Grund...."
"Ach, wirklich nicht?"
"Im Gegeneil, ich werde dir später alles erzählen. Wo bist du eigentlich?"
"Ja", zögere ich, "wo bin ich eigentlich?"
(Die Wirtin verbeißt sich das Lachen. Der Spitzeneinsatz über ihrem Busen hüpft auf und ab.)

"Ich bin auf Zimmersuche...."
(Sie wirft mir einen neugierigen Blick zu und vergißt die Schüssel abzustellen.)
"Hat dich die Noichl rausgeschmissen?"
"Hat sie, als ich von deinem Fest kam."
"Aha, jetzt verstehe ich alles .. du hast eine der Damen beschlafen.." lacht sie ungezwungen auf.. "und
wer war die Glückliche? Ich wette die Rothaarige, ein ganz scharfes Luder!"
"Spielt doch gar keine Rolle mit wem."
(Erstaunter Blick vom Herd.)

"Gib´s zu!"
"Nichts gebe ich zu!"
"Sei nicht albern, Du weißt, daß ich großzügig bin. Außerdem bin ich der großen Unbekannten in diesem Fall besonders dankbar."
"Wieso?"
"Weil dir nichts anderes übrig bleibt, als zu uns zu ziehen."
"Zu euch?" Ihr habt doch kein Zimmer zu vermieten."

"Das nicht, aber Platz zum Liegen. Natürlich" Der Gedanke scheint sie zu beflügeln. "Das ist doch eine ausgezeichnete Lösung. Der Flügel steht dir auch zur Verfügung, wie immer. Und unsere weibliche Assistenz..."

"Auch immer wieder", ergänze ich grienend
"Oder hast du Angst vor uns?"
"Hattest du bisher den Eindruck, daß ich Angst haben könnte?"
Sie lacht girrend. "Nicht unbedingt..Also, pack deine Sachen und komm!"
Und etwas leiser sagt sie: "Wir erwarten dich."

"Wann?
"Sofort."
"Noch heute abend?
"Ja doch! " ihre Stimme klingt ungeduldig
(Ich sehe in diesem Augenblick nur einen schweren blonden Haarknoten und Schürzenbänder, zu einer Propellerschleife über dem Popo verknotet)

"Na schön, wie du willst. Ich komme heute abend."
(Krachend zersplitterte die Schüssel auf dem Steinfußboden. Erschrocken sieht sie mich an, bückt sich schnell und sammelt mit abgewandtem Gesicht die Scherben zusammen)
"Hallo Anni, bist du noch dran?"
"Ja, was ist denn bei dir für ein Krach?"

"Ich hab´s mir überlegt.. es ist vielleicht besser... es ist vielleicht besser, wenn ich doch erst morgen komme..."
(Sie geht schnell aus der Küche. Ich sehe gerade noch den wehenden Dirndlrock um die Ecke fliegen.)
"Wie du willst. Also bis morgen!"

Die Tür zum Garten steht offen. Ich gehe hinaus. Sie sitzt auf einer Bank in der Sonne und strickt.
Ohne aufzusehen, sagt sie: "Setzen´s Eahne doch."
Ich bleibe stehen. "Ich möchte zahlen."
Sie verhaspelt sich beim Stricken, sucht nach der gefallenen Masche. "Wollen´s schon gehen?"
Sie legt das Strickzeug beiseite, steht auf, macht einen kläglichen Versuch zu lächeln. In ihrer Verlegenheit angelt sie sich ein Schürzenband und wickelt es unsinnig um das Handgelenk, schade. Mir ist, als habe sie "schade" gesagt und den Kopf noch tiefer sinken lassen, während die das Schürzenband zuzieht, sodaß es aussieht, als trüge sie Fesseln.

Wortlos schiebe ich meine Hand über ihr Kinn, zwinge sie, mir in die Augen zu blicken. Goldene Funken tanzen.
In ihrer Iris. "Die Nacht ", sagt sie leise....
"Was war in der Nacht?"
"Ich schlafe daneben und habe....."
Ehe sie weitersprechen kann, schließe ich ihren Mund mit einem Kuß. Sie läßt das Schürzenband los.

"Melanie!"
Wir haben die ungeduldige Stimme überhört.
"Heh, Melanie!" die Stimme kommt näher. Melanie reißt sich los und rennt ins Haus.

Ich laufe lange über weite Wiesen, setzte mich an den Bach, der sich durch das Gras schlängelt, und beobachte eine schwarze, haarige Spinne, die einen zappelnden Glückskäfer einwickelt. Faszinierend, wie sie ihr Opfer, das sich verzweifelt wehrt, systematisch einkreist. Mit einem Halm zerstöre ich das Gespinst und befreie den kleinen Käfer, der torkelnd den Halm hochkrabbelt, nur zögernd die roten Flügel spannt und in den Himmel fliegt.

Als die Sonne die rotglühenden Alpen berührt, schlendere ich zum Gasthof zurück, hole bei Melanie den Zimmerschlüssel. Mit dem offenen Lächeln des Einverständnisses drückt sie ihn mir in die Hand.
Jetzt sitze ich hier, an dem sauber gescheuerten Holztisch, und blättere im Tagebuch. Es ist schön, Zeit zu haben, viel Zeit, und Ruhe. Der Krieg ist weit. Zu wissen, daß jemand kommen wird.

Langsam werden die Stimmen der Wirtshausgänger unten leiser, verebben. Nacht.

Ich werfe mich aufs Bett. Es ist frisch bezogen. Das Leinen riecht nach Sonne und frischem Wind.
Zufrieden verschränke ich die Arme im Nacken und starre in die Dunkelheit.

Ich höre Holzdielen knarren.. Wie gestern. Leise, als gingen nackte Füße durch den Raum.....

Sie kam in einem bis auf den Boden wallenden Nachthemd. Ich zog es ihr aus. Ihr üppiger Körper fühlte sich fest und muskulös an und verströmte gesunde Frische. Sie lag ganz still und nahm mich hin, wie man ein langersehntes Sommergewitter hinnimmmt.
Im Morgengrauen seufzte sie noch einmal auf, streichelte dankbar mein Gesicht. "So war´s noch nie", sagte sie. Ihre Hände dufteten nach Heu.

Manchmal denke ich wehmütig an das Frühstück. Ein liebevolles Frühstück mit hausgemachter Butter und Marmelade, frischer Milch, Eiern, duftendem Speck und starken Kaffee. "Wenn´s dich in der Stadt verhungern lassen, kommst her", sagte sie zum Abschied. "Zimmer drei!" Wie lange ist das her? Erinnerungen an Märchenzeiten

Seit einer Woche wohne ich bei Anni. Sie telefonierte mit einer geheimnisvollen Rosy, und das Wohnungsamt erteilte seinen Segen. Zu einer Dachkammer, die nur über eine Ausziehtreppe zu erreichen ist. Dort oben steht eine Liege, frisch bezogen, von mir nie benutzt Sie dient mir als Versteck für mein Tagebuch. Geschlafen wird im geräumigen Bett des Kriegsverwaltungsrats, zu zweit, zu dritt,... Anni allein.

12, Septermber 1944. Seite 156

Anni ist mit ihren beiden Kindern ausgegangen. Sie versucht, Bezugsscheine für Schuhe zu bekommen. Es wird länger dauern. Ich bin müde. Seit die Freundinnen von Annis Dauermieter wissen - es ließ sich nicht verheimlichen - kommen sie oft zum Tee. Sie nennen es "Tee" und endet mit mir im Bett. Das ganze läuft unter "sozialer Schwesternhilfe".
(Von Anni geprägter Begriff.)

Ich könnte mit meinem Dasein als Hahn im Korb zufrieden sein. Könnte... Bin ich es nicht? Warum irre ich oft von seltsamer Unruhe gequält (er liebt noch Marli) durch die Straßen?
"Sie spielen Bach wie Chopin, Macek", näselte gestern Professor B. unzufrieden. "Bach, das ist strenge, logische Mathematik. Sie können dem Grundthema nicht ausweichen. Versuchen sie nicht, sich durchzuschwindeln. Das Thema kehrt stets zurück, alles andere ist Beiwerk. Sie weichen aus. Das Grundthema bleibt .... haben Sie verstanden?
Sie weichen aus!" Ich hatte Bach nicht verstanden, ließ die Hände auf die Tasten fallen, Dissonanz!

14. September 1944

Fast täglich komme ich auf dem Weg zur Akademie an dieser Telefonzelle vorbei. Heue blieb ich stehen.
Wie ein Magnet zog sie mich an. Ich streckte die Hand nach dem Hörer aus. Wie in Trance wählte ich ihre Nummer. Nichts, wieder nichts! Hoffnungslos.
Dann verstummte das Rufzeichen - ihre Stimme! Marlies! Ich schluckte, stotterte, hätte vor Aufregung fast den Hörer hingeworfen. Mit müder Stimme sprach sie in Stichworten: "Geflohen, ja, Roman... hörst du mich? Aus dem Krankenhaus.
Nein.. alle waren im Keller, schon beim ersten Alarm. Ganz in der Nähe schlug die Bombe ein ... Roman, bist du da? Ja, ich lief einfach fort... im Pyjama. Ich weiß nicht. Schreiende Menschen... Feuer... es war der Weltuntergang.
Roman... ich hatte Angst,,,Angst, dich nie mehr wiederzusehen..."

Ich weiß nicht mehr, was ich tat. Ich weiß nur, daß ich durch Straßen rannte, mich auf einer Tram wiederfand und zuletzt auf der Ladefläche eines Militärlasters Richtung Pullach fuhr. Als ich vor ihrer Tür stand, wurde mir schwarz vor Augen. Wir fielen uns in die Arme, hielten uns fest umklammert, lange, eine Ewigkeit, ohne ein Wort.

Alles war vergessen, alles. Bis sie zitterte und ihr schwindelig wurde. Ich trug sie hinein auf die Couch, setzte mich zu ihr, küßte das abgemagerte Gesichtchen, die großen glücklich schimmenden Augen in den tiefen Höhlen. Sie streckte die
Hand nach mir aus. Ich legte mein Gesicht in die Innenfläche ihrer Hand, fühlte mich geborgen. Sie zog mich zu sich. Ganz nah.

"Nein", sage ich in schwacher Gegenwehr. "Nicht. Du bist zu elend."
"Bitte, Roman, .. ich habe immer daran gedacht, wie es ist, dich zu umarmen... heute Nacht
.. in all dem Chaos..bitte Roman!"
Zärtlich umarme ich den abgezehrten Körper, nahm sie schnell und behutsam, wie man ein dünnes Glas hält, das bei jeder unvorsichtigen Bewegung zerbrechen müßte.
"Ich wollte dich fühlen", hauchte sie erschöpft, "fühlen, daß du wirklich bei mir bist."
"Ja", flüsterte sie, "jetzt ist alles wieder gut."
Sie schloß die Augen und tastete mit den Fingern die Linien meines Gesichts ab wie ein Blinde.

Später....
Man müße sie pflegen, in Wärme hüllen, in Sonne, die ihre blassen Wangen bräunt. Man müßte sie weit forttragen.
Weit fort, wo September noch heiß ist und fröhlich; nicht Vorbote von grauem Herbst. Rom!
... ich kann diese Stadt nicht vergessen, Sie is wie ein Fieber, das mich immer wieder neu überfällt. Sie kennt den römischen Herbst nicht. Sie kennt kein südliches Mer mit heißen Felsklippen, von weißen Schaumkronen umspielt, keine schillernden Eidechsen, die sich auf Steinen sonnen. Sie weiß nichs von den Zikaden, die den sonnentrunkenen Körper in den Schlaf singen. Kennt keine lauen Nächte, keine leise plätschdernden Brunnen.

Ich habe Münzen in den Fontana di Trevi geworfen. Sie versprechen den Fremden die Rückkehr nach Rom.
Rückkehr mit Dir, Marlies, wann?

20. Sepember 1944

AUS. Marlis weiß alles. Ich kann jetzt nicht weierschreiben. Diese Dachkammer macht mich wahnsinnig.
Die schrägen Wände zwingen mich, dauernd den Kopf einzuziehen.

Eine Stunde später...
Anni ruft schon wieder von unten. "Was machst du eigentlich da oben?"
"Nichts"
Die Kinder (Anni´s) finden es lustig, wenn ich den Kopf durch die Dachluke stecke. "Noch mal", schreien sie begeistert und hüpfen von einem Bein aufs andere.
"Seid still", tadelt Lilo und führt sie fort. "Bist du krank?" fragt sie besorgt.
"Nein, nein. Laß mich nur ein bißchen ausruhen. Mir fehlt nichts!"
Sie tuscheln im Wohnzimmer, schließen die Tür.

Gegen Abend...

Ich muß auf dieser scheußlich unbequemn Liege eingeschlafen sein, kann mich aber nicht aufraffen. Immer wieder zieht diese Szene hinter meinen geschlossenen Augen vorüber. Es kann nicht sein. Doch. Es war genauso...

Sie (Marlies) empfing mich, elegant angezogen, untadelig, förmlich. Wie einen Fremden. Auf der kleinen Kommode im großen Vorraum lag die Garnitur von Kamm und Bürsten sauber ausgerichtet. Abwesend nahm ich die Haarbürste zur Hand, sah ihr verschlossenes Gesicht im Spiegel, legte die Bürste unachtsam schief zurück.
Wie damals... beim ersen Besuch. langsam drehte ich mich um, wolle sie küssen. sie entzog sich mit einer schnellen Körperdrehung meinem Arm , ging mit kleinen energischen Schritten in den Salon, blieb neben der blumengemusterten Couch stehen, wies auf einen Sessel: "Bitte, setz dich, ich habe mit dir zu reden."
"Es wird nicht lange dauern", fügte sie hinzu.
Sie ist keine Frau, die Szenen macht. ihre Stimme klang ruhig, fast unbeteiligt.
Nur die Augen. Was war mit ihren Augen?
Sie kamen mir vor, als hätten sie die Farbe gewechselt. Kalt, schiefergrau ging ihr Blick durch mich hindurch.

"Bei unserer ersten Begegnung", sagte sie beherrscht, "sprachen wir vom Kennenlernen. Ich hatte keine Zeit, meinen Mann kennenzulernen ... mir scheint, ich hatte auch keine Zeit, dich kennenzulenren. Es war ein Irrtum. Durch Zufall weiß ich", sie zögerte etwas, "daß du bei Anni wohnst. nennen wir es milde "wohnen" . Ich weiß, wie du dort lebst. Nein...". Sie hob die Hand, als ich sie unterbrechen wollte, "nein, entschuldige dich nicht und gebrauche keine billige Ausrede.
Ich klage dich nicht an. Es ist Krieg .. viele Frauen, wenige Männer.. und ich kenne Anni, die ich dir ... unglücklicherweise .. vorgestellt hatte. Lassen wir das. Ich verlange nichts, aber ich lasse mich nicht in eine Kette zweifellos verfüherischer Wesen einreihen. Wesen, die sich mit ein blßchen Sinnlichkeit zufriedengeben und zur Tagesordnung übergehen.
Ich bin kein Gegenstand, den man beliebig auswechselt, heue benutzt, morgen vergiß und übermorgen wieder zur Hand nimmt. Nein, ich bin eine Frau mit Gefühlen, Gedanken, mit einem Körper und... wenn du willst.. mit einer Seele.
"Kompliziert", sie lachte bitter auf, "ich weiß. aber weil es so ist, lasse ich mich nicht in deine Galerie einordnen.
Es geht nicht. Ich würde aus dem Rahmen fallen. ich hoffe, daß du das verstehst."

Sie schwieg, sah mich an, und ich wich den kalten, schiefergrauen Augen aus. Was hätte ich dazu sagen sollen?
"Das war´s", sagte sie leise und stand auf. ihre Stimme zitterte verhalten. "ich habe kein Glück. Ich hatte es nie und werde es nie haben." Sie bekam sich sofort wider in Gewalt. "Man gewöhnt sich an alles, auch an Enttäuschungen."

"Aber..." vesuchte ich anzusetzen..
"Nein", unerbrach sie mich schnell, "ich will kein Mitleid... sag nichts ... es gibt nichts zu sagen."
Sie ging vor mir her, in den Vorraum. Unschlüssig blieb ich neben der lächerlichen Kommode mit dem Spiegel und den Wandleuchten stehen und rückte die Haarbürste gerade.. ordentlich an ihren Platz

"Geh jetzt!" sagte sie leise. "Bitte geh!"



4. Oktober 1944
Vierzehn Tage sind vergangen. Vierzehn Tage? Eine Ewigkeit

Abends
"Gib mir noch einen Cognac." .. ich bin nicht krank. Zum Donnerwetter. Sie behandeln mich sanft, nachsichtig, und als ich den letzten Cognac aussoff, sahen sie sich schweigend an. Nur in der Küche hörte ich sie sprechen, weil wie immer die Tür offenstand.

"Woher sollte ich das wissen?"
"Du bist doch sonst so hellhörig!"
"Sie rief ganz vergnügt an, froh dieser Hölle entronnen zu sein, und..."
"Und?"
"Dann fragte sie harmlos, was es Neues gäbe."
"Und du erzählst begeistert von deinem famosen Liebhaber, der nach einer Affäre mit dieser Kabarettistin von der Noichl gefeuert in deinem gar nicht mütterlichen Schoß gelandet ist, der mit deiner Schwester ins Bett geht und an bedürftige Freundinnen verliehen wird. und zu guter Letzt fragst du sie großmütig, ob sie nicht auch zum Tee kommen will,
Oh, Anni... du mußt von allen guten Geistern verlassen gewesen sein."

Nein ich kann es nicht hören, halte mir mit beiden Händen die Ohren zu.
Klirrend fällt die Cognacflasche zu Boden. Scherben.


  • Geschrieben von CSV
  • Veröffentlicht am 25.11.2016
  • Gelesen: 8781 mal

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