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Die Löwin und das Lamm

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Harry war viel zu sehr in die Gespräche mit seinen Geschäftspartner vertieft, wie immer suchte seine Hand die meine, als käme sie aus einer anderen Welt und versuchte, mich mit in die seine zu ziehen. Als er sie nicht greifen konnte, unterbrach er sein monotones Lachen und sah mich fragend an. Ich wolle mir etwas zu trinken holen, sagte ich ihm und er küsste mich auf die Wange und ließ mich gehen.

An der Bar angelangt atmete ich erst einmal tief durch, bestellte einen Wodka-Mango und kramte in meiner Tasche nach meinem Handy. Vielleicht hatte Lilly mir ja geschrieben und ich könnte ihr von einem weiteren faden, belanglosen Abend erzählen, der nichts dazu beitrug, dass Harry und ich etwas miteinander unternahmen oder teilen konnten. Bei dem Gedanken daran durchzuckte ein kleiner Schlag mein Herz und ich verdrängte die schlimmen Bedenken, die ich seit einigen Wochen mit mir herum trug.
„Sie sind hier fehl am Platz“, sagte plötzlich eine samtige, männliche Stimme hinter mir und ich drehte mich erschrocken auf meinem Barhocker herum. Das erste, was ich erblickte, war eine Rauchwolke, hinter der sich langsam ein verschmitzt lächelnder Mund und strahlend grüne Augen hervortaten, eingebetet in das ebenmäßigste und vollkommenste Gesicht, das ich jemals gesehen hatte.
„Bitte?“ fragte ich zurück und bezweifelte mit den Sekunden immer mehr, dass sein Kommentar mir galt.
„Sie sollten hier nicht sitzen und auf etwas warten. Sie sollten rausgehen und sich nehmen, was Sie brauchen“, sagte er gelassen, drückte seine Zigarette aus und nahm noch einen Zug von seiner Zigarette. Ich war verblüfft, woher sollte dieser völlig Fremde wissen, was ich brauchte?
„Darf ich Ihnen etwas zeigen?“, fragte er mich, noch bevor ich auf seinen frechen Spruch von eben antworten konnte. Seine Überheblichkeit und Selbstsicherheit stießen mich ab, andererseits war er zu interessant und geheimnisvoll, als dass ich ihm nicht gefolgt wäre. Er ging mit mir in eine kleine Galerie, wohl die hauseigene des modernen Bankgebäudes, zeigte in der hintersten Ecke auf ein Bild und sagte: „Dort sollten Sie sein.“
Verdutzt blickte ich ihn an und ging auf das Bild zu, das kaum sichtbar hinter einer riesigen Skulptur an der Wand hing. Er folgte mir leise und charmant, mein Herz schlug wie wild gegen meinen Brustkorb und meine Hände fingen an zu kribbeln, wie immer, wenn ich in einer Situation wie dieser war, welche ich seit Monaten nun zu meiden versuchte.
Ich spürte, wie er kaum merklich näher an mich rückte.

Es war noch genug Platz zwischen uns, als dass es verboten hätte wirken können, jedoch spürte ich seinen warmen und verlangenden Atem ganz genau in meinem Nacken und ein Schauer lief mir den Rücken entlang.
Und da war ich wieder, im Zwiespalt mit mir, mit Harry, der Beziehung, die wir nun schon seit fast zwei Jahren führten und diesem Mann, der wie so viele andere zuvor für mich unendlich erstrebenswert war. Nur einmal wollte ich seine weichen, vollen Lippen küssen, ihm dabei in die Augen sehen, um zu begreifen, wie sehr er mich wollte. In meinem Unterleib machte sich das Gefühl von verlangender und ungebremster Wärme breit und als ich es registrierte, stiegen mir Tränen in die Augen. Er kam noch ein Stück näher und als ich den Duft seines Körpers wahrnahm, zog es mir fast den Boden unter den Füßen weg.
„Plötzlich wirken Sie so zart und zerbrechlich, fast wie ein frisch geborenes Lamm“, sagte er mit einem kurzen, sarkastischen Lachen in der Kehle und nahm wieder ein Stück Abstand.
Das Kribbeln in meinem Bauch wurde immer stärker, der Raum war kaum noch von seinem Geruch erfüllt, was mich unruhig machte. Ich drehte mich zu ihm, wandte mich von Dalis surrealistischer Wüstenwelt ab und als er mich anblickte, mir so tief in die Augen sah, wie er es in den vergangenen Minuten noch kein einziges Mal getan hatte, erstickte sein Lachen. Langsam ging ich auf ihn zu und schmiegte mich geschmeidig an seinen vollkommenen Körper. Sein Gesicht war nun ganz nah bei meinem, wieder roch ich seinen Atem und das Adrenalin schoss mir unweigerlich ins Blut.

„Sie irren sich“, sagte ich sanft, wobei sich unsere Lippen kaum berührten, was jedoch reichte, um meine zögernden Gedanken zu betäuben.
„ Ich bin die Löwin“, hauchte ich ihn an und umschloss seinen perfekten Mund mit meinen Lippen. Gierig zog er mein Gesicht enger an sich und saugte sich an meinen Lippen fest.
Nur noch dieser eine, letzte Kuss, dachte ich mir noch, bevor ich mich gänzlich in ihm verlor.
  • Geschrieben von LolaMaria
  • Veröffentlicht am 31.01.2012
  • Gelesen: 6863 mal
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Kommentare

  • Marioot03.02.2012 09:43

    LolaMaria
    ...wie hat sie sich gänzlich in ihm verloren???

    Mario

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