Erotische Geschichten

Bitte melden Sie sich an

Der gelbe Punkt - Teil 8

4,3 von 5 Sternen
***Bitte zunächst die vorherigen Teile lesen!***

Es war 6:19 Uhr, als mein Blick auf den Wecker fiel. Der frühmorgendliche Sommerhimmel war bereits kräftig genug, um seine Lichtstrahlen vorsichtig schimmernd durch die Jalousien anzudeuten. Schon lange sehnte ich mich nach einem wirklich blickdichtem Rolladen. Das aufgehende Licht würde meinen Melatoninspiegel sonst viel zu früh in die Höhe preschen lassen. Zumindest in den Sommermonaten! Doch an diesem Morgen interessierte mich das nicht. Ich fühlte mich energiegeladen. Freute mich auf den anstehenden Tag!

Ich stellte meinen Wecker aus. Endlich war ich ihm wieder zuvorgekommen. Gut gelaunt schlich ich in das Badezimmer. Die restliche Wohnung war noch still. Adnan schien noch tief und fest zu schlafen. Sicher brauchte er die Erholung! Ich wusste, dass man nach solchen Ereignissen nicht gut schlief. Auch aus eigener Erfahrung! Frisch geduscht setzte sich mein tägliches Prozedere in der WG-Küche fort. Eier schlagen, würzen. Die Pfanne einfetten und erhitzen. Den Speck dazu, dann die Zwiebeln. Und schließlich die verquirrlten Eier hinzugeben.

Diese festen Rituale stützten mich. Sie gaben mir Halt. Der Mensch war schon immer ein Gewohnheitstier gewesen! Egal was manche menschliche Exemplare dagegen einzuwenden hatten! Ich war überzeugt davon. Nahm dies als eine Tatsache hin, an der es nichts zu rütteln gab. Versuchte gleichwohl dies zu meinem Vorteil zu nutzen. Mir positive Verhaltensweisen anzugewöhnen. Sie zur Routine zu machen. Bis mir die damit verbundene Anstrengung kaum noch auffiel. Es funktionierte! Bei meiner Ernährung. Meinem Training. In der Universität! Wer einen festen Tagesrhytmus hat, braucht nicht mehr innerlich mit sich zu ringen! Keine kraftraubende Verhandlungen mehr. Kein Abwägen von fadenscheinigen Argumenten. Dies führte doch nur dazu, dass sich der innere Schweinehund in einem aufbäumte um einem die kreativsten Gründe aufzuzeigen, warum gerade heute eine Ausnahme schon in Ordnung wäre. Ja nicht nur in Ordnung, sondern gar vernünftig! Nur wer diese Ausnahmen von vorne herein nicht zuließ, konnte sich diesen kraftraubenden Akt ersparen! Das war meine Philosophie! Sie war nicht immer aufgegangen in den letzten Tagen!

Leise räumte ich das Geschirr vom Tisch und spülte es ab. Dann schlich ich zurück in mein Zimmer. Adnan lag wie das kleine Baby im Nebenzimmer. Das man nicht wecken wollte. Nicht unbedingt aus Nächstenliebe. Sondern um sich auf diese Weise selbst noch ein wenig mehr Ruhe zu gönnen. Mein Enthusiasmus war ungebremst. Ich stand im Zimmer und starrte auf den geöffneten Laptop auf meinem Schreibtisch. Schon wieder hatte ich ihn am Vortag nicht weggeräumt! Was war mit meiner Routine? Warum hielt ich sie plötzlich nicht mehr ein? Zehrte es bereits an meiner Kraft? In diesem Moment spürte ich davon zumindest nichts!

Zweifelsfrei hatte jedoch die Anziehungskraft des seelenlosen Gerätes auf mich nachgelassen! War das eine Folge meiner Inkonsequenz? So viel Überwindung hatte mich das Arbeiten noch nie gekostet! Der Reiz war weg. Die Lust fehlte! Diese Tatsache überraschte mich weitaus weniger, als die Schlussfolgerung die ich daraus zog. Waren es all die Jahre nur meine Emotionen, die mich zu diesem erfolgreichen Studenten machen? War es gar keine Meisterleistung meiner Disziplin, meines Eifers, meiner Opferbereitschaft? Sondern nur simple Lust? Emotionale Motivation?

Irgendwie relativierten diese Gedanken meine Leistungen. Plötzlich standen sie in einem völlig anderen Licht da. Natürlich würde dies nach außen hin keinen Unterschied machen. Die Bewunderung für meine Leistungen stand nie zur Disposition. Und ich genoss sie! Doch für mich selbst spielte es sehr wohl eine gewichtige Rolle. Hatte ich mich doch selbst stets so sehr über diese Eigenschaften definiert. Rationalität, Vernunft und Zielstrebigkeit! Das assoziierte ich mit mir. Und doch keine von seinen Emotionen fremdgesteuerte Identität, die vielleicht zufällig mit etwas mehr Talent gesegnet worden war!

Mein Blick fiel auf den Boden. Noch immer lehnten die vier vollgepackten Plastiktüten meiner Shoppingtour unberührt an der Wand.Sie reizten mich auf einmal wieder! Was war nur mit mir los? Gestern war ich noch festenschlossen gewesen, sie wieder zurückzugeben. Um dann in mein altes, kontrolliertes Leben zurückzukehren. Heute dagegen erschienen mir die Verlockungen dieser für mich neuen Welt wieder unwiderstehlich! Ich musste an Cornelia denken!

Meine Gedanken brauchten nicht lange, bis sie schließlich von Cornelia auf meinen gestrigen Blutrausch schwänkten. So hatte ich mich selbst noch nie erlebt! Ich war völlig außer Kontrolle geraten. Das konnte einem Angst machen! Gleichzeitig musste ich mir eingestehen, dass ich es furchtbar erregend fand mich auf diese Weise selbst zu entdecken. Mich so meiner fleischlichen Natur hinzugeben. Und einfach meine niederen Gelüste walten zu lassen, so wie sie mir gerade kamen. Wild, spontan und animalisch! Wenn ich nur daran dachte, bekam ich sofort wieder Lust. Am liebsten hätte ich es genau in diesem Moment noch einmal erlebt. Genau so!

Ob Cornelia das auch so sah? Dieser ungezogene Grashüpfer! Ich war es ja durchaus gewohnt, Befehle zu geben. Wenn auch in einem anderen Kontext. Es war mir nicht fremd, direkt und in aller Deutlichkeitzu sagen was ich wollte oder wünschte. Damit tat ich mir nicht schwer! Ich bekam üblicherweise das was ich wollte! Ob im Job oder in der Uni! In Diskussionen mit irgendwelchen Behörden! Ich wusste mich durchzusetzen. Aber in sexueller Hinsicht? Bis zu diesem Punkt hatte ich dies stets als unemanzipiert abgelehnt. Eine feine These in der Theorie! Aber damals kannte ich auch meinen Blutrausch noch nicht. Seine betörende Wirkung. Er konnte süchtig machen! Die entfesselte Leidenschaft, die ihm innewohnte! Man wollte immer mehr! Mich reizte der Gedanke schon wieder! Ich wollte sie! Eine Wiederholung. Nein! Ich wollte mehr als das!

Ich musste dem weiter nachgehen! So einfach durfte ich nicht hinschmeißen. Eine neue Perspektive kann einen nur weiterbringen in seiner Persönlichkeit! Die Argumente in meinen Gedanken klangen wirklich überzeugend. Stichfest. Gut durchdacht. Manche muteten gar philosophisch an, zumindest sehr weise. Oder war das nur der viel gefürchtete innere Schweinehund? Ich zögerte. Traute mir nicht. Doch gab mich der Versuchung schließlich hin. Ich könnte ja zumindest eine erste Tüte auspacken! Keine Revolution! Sondern einen kleinen, vorsichtigen Schritt in diese fabelhafte fremde Welt wagen! Ich glaubte nicht an das Schicksal. Trotzdem schloss ich meine Augen. Ich wollte nicht sehen, was sich in welcher Tasche befand. Tastete ihre Henkel ab und wählte zufällig einen von ihnen aus. Ich wollte dem inneren Schweinehund nicht zu viel Macht über mich gewähren. Der Zufall war nicht immer intelligent, aber sicher unbestechlich!

Mit der schweren Tüte in der Hand entfernte ich mich von der Wand und setzte mich stattdessen auf die Bettkante. Ich erinnerte mich kaum noch daran, was ich alles in meinem Shoppingrausch gekauft hatte. Nur bruchstückhaft entsinnte ich mich. Ich hob die Plastiktüte an ihrer Unterseite und schüttelte ihren Inhalt auf das längst gemachte Bett.Ich erhob mich und entkleidete mich Stück für Stück. Faltete die alten Sachen penibel zusammen und legte sie auf einen kleinen Stapel auf das Bett. Nur die Unterwäsche behielt ich an. Davon hatte ich noch keine neue gekauft!

Zuerst zog ich mir stets die Hose an. Das gehörte sich für mich so. Also griff ich nach der pechschwarzen Jeans und schlpüfte hinein. Begab mich zugleich vor den großen, an meiner Kleiderschranktür befestigten Spiegel und betrachtete mich darin.Die dunkle Jeans war im Destroyed-Look gehalten. Das Schwarz stand mir gut. Und die vereinzelten Akzente gestalteten die Hose interessanter. Das rechte Knie war leicht aufgeschlagen. Vereinzelnte Fäden zogen sich über diese Stelle. An den Rändern lockerten weiche Fetzchen den Look weiter auf. Sie war nicht zu eng. Nicht unmännlich! Aber lag doch ein wenig an meinen Beinen an. Das Paradebeispiel eines guten Komprimisses dachte ich und drehte mich leicht zur Seite, um auch meine Rückseite zu betrachten. Abschließend vermochte ich es nicht zu beurteilen, aber ich fand die Hose schmeichelte meinen Po. Unweigerlich wurde ich an Isabelle erinnert. Das war natürlich eine andere Liga! Aber sie war auch eine Frau! In mir warf sich die Frage auf, ob Männerhintern die Frauen genau so um den Verstand wickeln konnten. Bestimmt konnten sie das! Ich nahm mir vor dies in meinem Trainingsplan künftig stärker zu priorisieren! Zufrieden griff ich nach dem mittelbraunen Ledergürtel. Schnallte ihn mir um. Er machte wirklich etwas her! Erst jetzt wirkte die Hose vollkommen. Ich war begeistert. Sie schmiegte sich perfekt um meine Hüften. Saß wie eine eins! Nicht zu locker, nicht zu eng! Schloss perfekt auf zu meinem flachen Bauch. Ich gefiel mir sichtlich darin! Verweilte noch einen Moment vor dem Spiegel, ehe ich mich wieder zum Bett begab.

Als nächstes streifte ich mir das hellgraue T-Shirt über. Es hatte einen modischen V-Ausschnitt. Die Ärmel an der Seite waren verhältnismäßig kurz. Kürzer als ich es von vielen anderen T-Shirts gewohnt war. Meine kräftigen Oberarme brachte dies erst richtig zur Geltung. Ich drehte mich leicht zur Seite und betrachtete meinen rechten Arm. Das äußere Ende des Ärmels war einmal nach innen umgeklappt und verlieh dem ansonsten schlicht gehaltenen Stück eine Prise Extraverganz. Das eher helle Grau harmonierte besser als erwartet mit der schwarzen Jeans. Ich war noch immer sehr zufrieden mit meiner Auswahl!

Ein letztes Mal schritt ich zurück zum Bett. Dort lagen noch die sündhaft teuren Sneakers. Ich hob einen der beiden auf und betrachtete ihn näher. Er war bis auf die unterste Sohle komplett in schwarz gehalten. Nur wenn man ihn näher betrachtete, fielen einem die unterschiedlichen Konturen des Stoffes auf. Lediglich das weiß gehaltene Markenlogo zeichnete sich deutlich sichtbar vom Rest des Schuhs ab. Um aller Welt damit zu signalisieren 'I'm in-group!'. Noch während ich in die Sneaker stieg musste ich schmunlzen. So ein Blödsinn! Warum taten Menschen das? Warum ließen wir uns derart leicht manipulieren? Ich schritt vor den Spiegel. Mein Blick richtete sich auf die nagelneuen Schuhe. Sie hatten etwas! War es nur ihr gewohntes Design, das meine Augen blendete? Immerhin sprang es einem von allen Seiten entgegen, sobald man nur einen Fuß auf die Straße setzte! War mein Auge etwa auch nur ein Gewohnheitstier? Es spielte keine Rolle! Sie machten sich gut an meinen Füßen und hatten eine Chance verdient!

Ich krempelte meine Hose ein Stück über meine Knöchel. So machte man das heute! Das nahm ich sehr bewusst wahr. Bisher hatte ich mich diesem Trend konsequent verweigert. Doch meine Experimentierlust durchkreuzte meine Konsequenz. Ich betrachtete meine Tat. Drehte mich im Spiegel. Von Unsicherheit kaum eine Spur. Mehr Mainstream ging nicht! Aber irgendwie gefiel ich mir. Zumindest in diesem Moment! Ich fühlte mich weitaus weniger verkleidet, als erwartet! Ein kleines bisschen vielleicht! Eher fühlte ich mich aufgemotzt! Geschliffen! Wenngleich ich wusste, dass ich mich lediglich angepasst hatte. Einen kleines Stück meiner Persönlichkeit aufgegeben hatte. Oder hatte ich mich gar verraten? Meine Zweifel waren nicht stark genug! Der Reiz war stärker! Noch einmal betrachtete ich mich im Ganzen in dem hohen Spiegel. Ich genoss meinen Anblick. Es fehlte nur noch eine dicke Uhr! Vielleicht eine Sonnenbrille! Ein verschmitztes Lächeln überzog meine Lippen. Wir sollten es nicht gleich übertreiben redete ich mir ein. Keine Revolution! Sondern beständiger Wandel!

Ohne meine neuen Sneaker auszuziehen, begab ich mich schließlich wieder an den Schreibtisch. Startete meinen Laptop. Am Nachmittag stand ein Termin an mit der Betreuerin meiner Masterarbeit. Es gab noch einiges abzurunden, um ihr meine Fortschritte in gewohnter akribischer Perfektion vortragen zu können. Ich ächtzte innerlich. Doch es half nichts! Es musste sein!

***

Um Punkt 15 Uhr stand ich inmitten des großen Unigebäudes. Fünfter Stock. Ich kontrollierte noch einmal das Türschild, bevor ich anklopfte. 'Prof. Dr. Cemre Yeninoglu' stand dort im universitätstypischen Layout geschrieben. Ich war richtig!

"Herein!" hörte ich ihre Stimme durch die Tür rufen und ging hinein. Meinen Laptop hatte ich mir unter den Arm geklemmt. Wie immer schüttelten wir uns die Hände. Ich wartete beharrlich während des oligatorisch stattfindenden, begrüßenden Smalltalks, bis sie mich schließlich bat ihr gegenüber Platz zu nehmen.

Ihr großer Schreibtisch stand wie eine Mauer zwischen uns. So richtig Eintritt in ihr Reich gewährte sie mir nicht. Zumindest wirkte es so. Die Szenerie erinnerte eher an eine Behörde. Ich der Antragsteller, sie die Sachbearbeiterin, die meine Dokumente entgegennahm. Distanziert, aber sachlich. Keinesfalls unprofessionell!

Professorin Yeninoglu wirkte überaus eitel auf mich. Ihr Parfüm schien zu keiner Tageszeit zu schwächeln, sie trug immer hohe Schuhe und knallrroter Lippenstift betonte ihren Mund. Er harmonierte gut mit ihrem ziemlich braunen Teint! Sie war stets gut gekleidet. Weiblich aber doch stilsicher! Nie war ihr Rock auch nur einen Zentimeter zu kurz. Sie schien ein Händchen für Mode zu besitzen. Oder es war Erfahrung!

Es fiel mir schwer, ihr Alter richtig einzuschätzen. Ich tippte auf Ende 40. Optisch würde sie mit einigem Wohlwollen auch noch als 35jährige durchgehen. Doch so wie ich sie einschätzte verstand sie es eben, sich jung zu halten. Ihre Gesichtszüge erinnerten mich an eine Asiatin. Nicht unbedingt ihre tiefbraunen Augen. Aber der Rest. Wenngleich ich natürlich wusste, dass sie türkischstämmig war.

Adnan würde sie wahrscheinlich als MILF bezeichnen. Oder auch nicht! Eine MILF musste doch im Kern so aussehen wie eine 20jährige. Notfalls künstlich korrigiert. Lediglich das Geburtsdatum im Ausweis sollte sich unterscheiden. Eine kranke Welt.Ich amüsierte mich darüber. Warum hatten so viele Angst vor dem Alter? Jung ist besser! Dieses Dogma schwirrte unserer Generation permanent durch den Kopf. Leistungsfähiger, ausdauernder, frischer. Einfach eine bessere Variante von alt. Alt hieß verschlissen. Abgenutzt und beeinträchtig in dem Nutzen, den man noch erwarten konnte! Ein krankes Bild!

Erfahrung dagegen wog vermeintlich kaum die Prüdigkeit auf, die man den älteren Generationen zuschrieb. Mit der Generation Porno würden sie nicht mithalten können! Das war die vorherrschende Meinung. Es klang fast ein wenig, als sei es Adnans persönliches Statement zu diesem Thema. Kein Wunder! Die 68er waren ihm ein Fremdwort! Er kannte nur 69!

Ich dagegen schrieb der Erfahrung schon immer einen hohen Stellenwert zu. Man wurde weiser im Laufe des Lebens. Das hatte sich in so vielen Gesprächen mit älteren Menschen als wahr erwiesen. Natürlich musste man sie erwischen, bevor die Altersdemez sie packte und verwirrte. Ich schätzte diese Einschränkung führte viele Menschen in ihrer Beurteilung in die Irre. Doch es war nicht nur die Weisheit, die mit der Erfahrung einherging. Auch Fähigkeiten verbesserten sich. Mit jeder Wiederholung lernte man dazu. Verbesserte seine Technik. Wurde geschickter. Durchschritt die klassische Lernkurve. Warum sollte dies im Bett anders sein? Man sprach vielleicht nicht so sehr darüber. Sexualität wurde mit Jugendlichkeit assoziiert. Was für ein Blödsinn! Mein Blick fiel auf die Professorin. Sah so ein asexuelles Wesen aus? Mitnichten! Ich verteidigte stets in meinen Gedanken die vorangehenden Generationen vor solchen Vorurteilen. Vielleicht, weil ich mir für mich selbst wünschte, dass die Sexualität nicht so rasch enden würde. Vielleicht waren es auch meine Erfahrungen in meiner Jugend. Schon als Teenager bei meinen ersten Discobesuchen zog ich die Blicke älterer Frauen auf mich. Anfangs fühlte ich mich von ihren Versuchen verarscht. Dachte, sie wollten sich nur über mich lustig machen. Doch irgendwas schien sie wirklich zu mir zu ziehen. Bis heute hatte ich das nie verstanden. Selbst war ich damals noch so schüchtern und unsicher gewesen. Sehnte mir nichts als die Aufmerksamkeit meines vielleicht 16jährigen Schwarms herbei. Wünschte mir sie hätte so viel Mut gehabt, mich anzutanzen und anzusprechen. Wie es diese jungen Damen waren. Sie waren sicher selbst erst Mitte 20 gewesen. Ein enormes Alter aus Sicht eines eingeschüchterten 18jährigen!

Mit der Zeit lernte ich diese Werbeversuche zu genießen. Auch wenn meine Freunde sich darüber lustig machten! Es tat unheimlich gut, nicht selbst ins Risiko gehen zu müssen. An die Hand genommen zu werden! Vor allem in diesen unübersichtlichen, chaotischen, ohrenbetäubenden Clubs. Ich begann über diese Frauen nachzudenken. Sie hatten mich plötzlich interessiert. Trotzdem war nie etwas passiert! Meine Schüchternheit war zu groß gewesen.

Wieder richtete ich mein Blick nach vorne auf Professorin Yeninoglu. War sie nicht das heutige Äquivalent dieser jungen Frauen von damals? Ich fragte mich, ob ich auch auf sie eine solche Wirkung besaß. Es war Ewigkeiten nicht mehr vorgekommen, dass mich eine ältere Frau angesprochen hatte. Von Flirtversuchen ganz zu schweigen! Es war mir wohl abhanden gekommen.

Etwas verlegen blickte ich tiefer. Die Brustmuskeln zeichneten sich deutlich in meinem grauen V-Shirt ab. Ich fühlte mich stark! Ob ihr mein Anblick darin auch zusagte? Ob sie meine kräftigen Oberarme bemerkt hatte? Wieder schaute ich auf zu ihr!Reizvoll war sie ohne Frage! Auch wenn ich kaum beschreiben konnte, was es genau an ihr war! Sicherlich sah sie nicht schlecht aus! Hatte sich hervorragend gehalten, wie man so sagte. Doch das machte sie nicht aus. Ich schätzte es war tatsächlich ihre Persönlichkeit, die sie sexy machte. Ihre Stärke, ihre Erfahrung, ihr Durchsetzungsvermögen. Ich zollte ihr großen Respekt. Bei aller Experimentierfreude würde ich es mit ihr nicht aufnehmen können! Sie war eindeutig zu mächtig, um sie in diese Grashüpferspielchen zu verstricken. Sie hätte mich sicher vernichtend geschlagen und auseinander genommen! Ich beschloss, die Finger von ihr zu lassen!

Stattdessen prästentierte ich der Professorin nun meine Fortschritte der letzten Woche. Sie war stets sehr kleinlich. Durchaus kritisch. Es war nicht selbstverständlich, dass mir meine Zuhörer nach einer meiner Präsentationen noch etwas entgegen zu setzen hatten. Sie schon! Oftmals brachten mich ihre Anmerkungen zum Nachdenken. Ich sah sie ein kleines bisschen als meine Mentorin an. Nicht, dass ich eine Mentorin nötig gehabt hätte! Jedoch brachten mich ihre Inspirationen zweifelsfrei weiter!

Ich schätzte und bewunderte sie sehr. Sie hatte eine unverwechselbare Art, die ich so von keinem Menschen kannte. In der Ansprache direkt und sachlich ohne dabei aber zu unterkühlen. Im Gegenteil, sie strahlte einen Optimismus aus bei allem Bestreben nach Objektivität. Sie war ein wenig distanziert aber wirkte zugleich emphatisch. Ich attestierte ihr eine hohe soziale Intelligenz. Sie war weit herumgekommen in der Welt. Das spürte man deutlich. Mich faszinierte ihre Weltoffenheit! War sie auch offen für mich? Der schäumende Übermut in meinem Bauch gab einfach keine Ruhe! Doch sie sendete keine Anzeichen. So sehr ich auch danach suchte! Ich sollte diese Illusion schleunigst vergessen!

Der Professorin konnte ich meine innere Unruhe offenbar nicht verbergen. Zumindest war sie mit meinen Fortschritten in dieser Woche nicht ausnahmslos zufrieden. "Ist alles gut bei Ihnen?" fragte sie mich letztlich abschließend. Ich nickte. "Nur viel um die Ohren.." rechtfertigte ich mich. Sie begleitete mich aus ihrem Büro. "Dann weiterhin viel Erfolg, Herr Doe!" gab sie mir auf den Weg. Ich bedankte mich und machte mich auf den Weg.

Beim Herabsteigen der unzähligen Stufen warf ich meinen Blick durch die gläserne Wand des Treppenhauses hinaus auf die kleinen, grünen Grasflächen des Campusgeländes. Überall tummelten sich junge Menschen. Junge Frauen! Ich beobachtete sie gerne von hier oben. Aus sicherer Entfernung. Meine neuen Sneakers federten meine Schritte geschmeidig ab. Ich kam mir angesagt vor. Von Stockwerk zu Stockwerk wurden die Menschen größer! Von nahem waren sie noch viel interessanter!

Für gewöhnlich verließ ich das Gebäude durch den Hinterausgang. Um mich auf diese Weise an den Menschenmassen vorbeizumogeln. Doch nicht heute! Ich stolzierte durch den Hauptausgang hinaus mitten durch die grünen Wiesentupfer links und rechts. Schaute mich neugierig um! Brust raus, Bauch rein! Ich fühlte mich unfassbar sicher! Die Menschen links und rechts schienen mir zuzuwinken. Mir Platz zu machen und sich vor mir zu verbeugen. In meiner Vorstellung standen sie Parade für mich!

Auf einer Bank vor der Mensa saß eine junge Studentin. Ich lief geradewegs auf sie zu. Sie tauchte plötzlich aus der schwindenden Menschenmasse vor meinen Augen auf. Einsam und verlassen saß sie dort. Etwas zu viel Rouge auf den Wangen. Eine spitze, schlanke Nase. Rötlich schimmernde, etwa schulterlange Haare. Sie hatte passend zu dem heißen Sommertag eine Sonnenbrille auf der Stirn geparkt. Kniff ihre Augen schützend vor den blenenden Sonnenstrahlen zu. Ich war die Sonne höchstpersönlich. Sie trug einen dunkelblauen Jumpsuit. Er endete bereits kurz unter ihren Hüften. Ein Bein hatte sie über das andere gelegt. An dessen Ende baumelten weiße, flache Sneaker. Sie harmonierten so gar nicht mit ihrer dunkelbraunen, leicht transparenten Seidenstrumpfhose! Diese Beine! Sie schimmerten leicht durch das verführerische braun!

Ich setzte mich neben sie. War mir meiner Sache extrem sicher! Sie schaute nur kurz auf, als ich mich setzte. Von der Seite betrachtete ich den Oberschenkel ihres oberen Beines genauer. Wenngleich er nicht dick wirkte, so presste er sich doch in die seidige Pelle. Er sah unglaublich glatt aus! Die äußeren Ränder schimmerten in einem noch tieferen Braun. Ich liebte diesen Anblick. Ich war überzeugt, sie hatte diese Strumpfhose an diesem viel zu heißen Tag nur für mich angezogen und sich auf diese Bank gesetzt. Damit ich sie aufspüren würde! Vielleicht wusste sie noch nicht, dass ich derjenige war, auf den sie wartete! "Hi!" sagte ich. Sie blickte zu mir rüber. Musterte mich dabei kurz. Als überlegte sie, ob sie mich kennen musste. Negativ! Sie wiederholte meine kurzen Worte. Ich schaute ihr kaum ins Gesicht. Es interessierte mich nicht! "Du hast schöne Beine!" sagte ich und legte meine Hand auf ihren Oberschenkel. Wie sich dieser Stoff anfühlte! Glatt, rutschig! Irgendwie künstlich. Zumindest nicht nach menschlicher Haut. Doch zugleich fühlte es sich nackt an! Mir wurde schlagartig heißer!

Plötzlich verspürte ich einen Schlag auf meiner Hand. Ich blickte erschrocken auf. Sie sah mich entrüstet mit großen Augen an. Sprang von der Bank auf und schrie mich an. "Fass mich nicht an!" Sie war außer sich! Mit einem Ruck holten mich ihre Worte zurück auf den Boden der Tatsachen. Ich hatte mich verbrannt! Schmerzlichst! Erst jetzt dämmerte mir nach und nach was ich getan hatte. Ich schämte mich. Was war nur mit mir los? Wie konnte ich mich nur so überschätzen? Keine Frau dieser Welt würde so eine plumpe Anmache mitmachen! Die neuen Klamotten schienen mich in Gefahr zu bringen! Ich musste erst lernen, meinen Enthusiasmus zu bändigen. Ihn zu zügeln und zu meinen Gunsten einzusetzen. Oder war ich einfach nicht geschaffen für diese Welt? Ich wollte plötzlich nur noch weg. Ich wandte mich von ihr ab. Schritt zügig ohne ein weiteres Wort davon. Hoffte, ihr nie wieder begegnen zu müssen! Ich würde künftig wieder den Hinterausgang nehmen. So viel stand fest!

Zurück in der WG machte ich mich noch immer in meinen Gedanken vertieft auf die Suche nach Adnan. Keine Spur von ihm im Flur, im gemensamen Wohnzimmer oder der Küche. Die Badezimmertür stand ohnehin noch offen. Hier konnte er nicht sein. Ich klopfte an seine Türe. "Adnan?" fragte ich vorsichtig. Es folgte keine Reaktion. Vorsichtig drückte ich seine Türklinge herunter und öffnete die Tür einen Spalt weit. Gerade genug um meinen Kopf hindurchzustecken. Das Chaos übermannte meine Augen. Das Zimmer war fast dunkel. Nur der unterste Spalt seiner Jalousien ließ Licht in die stickige Bude. Von Adnan dagegen keine Spur. Noch einmal musterte ich die auf seinem Bett getürmten Decken und Kissen um sicherzugehen, dass er sich wirklich nicht darunter befand. Fehlanzeige. Ich schloss die Türe und ging in mein Zimmer zurück. Zog als erstes meine Sneaker aus und stülpte die Enden meiner hochgekrempelten Hosenbeine wieder in ihre Ausgansposition zurück. Zu sehr hatte mich mein Hochmut in Verlegenheit gebracht. Ich fühlte mich sofort besser. Die Ruhe kehrte zurück. Ich stellte meinen Laptop wieder auf dem Schreibtisch ab und ließ mich vor ihm nieder. Es gab noch einiges zu erledigen. Für Adnan konnte ich im Moment ohnehin nichts tun!

***

Ich blickte noch einmal zur Uhr. Schon 20:06 Uhr! Von Adnan war noch immer keine Spur. Zu gerne hätte ich ihn überredet, mich ins Fitnesstudio zu begleiten. Um seine Wut über das Geschehene dort sinnvoll in seine Muskeln zu investieren. Doch womöglich war das ohnehin nur eine Schnapsidee. Drohte er doch genau an diesem Ort auf Isabelle zu treffen. Ich packte meine Sachen und fuhr alleine los.

Mittwoch abends war das Studio üblicherweise besonders schlecht besucht. Der Mittelpunkt der Arbeitswoche schien die Menschen zu demotivieren. So sehr, dass einige sich großzügig eine Pause gönnten. Für mich kam das nicht in Frage. Schon als ich noch am Thresen stand und auf meinen Spintschlüssel wartete, warf ich meinen Blick in den Trainingsraum. Er war fast leer. Nur ganz hinten an der Hantelbank rumpelte es. Ein aufgepumpter Protz hatte sich offensichtlich übernommen. Wie zu oft! Erst dann erblickte ich Isabelle. Wieder klemmte sie unter dem gleichen Gerät wie letztes Mal. Trainierte ihr ohnehin fast schon kriminell anmutendes Hinterteil. Schnell schaute ich wieder weg. Griff meinen Schlüssel und verschwand in der Umkleidekabine. Während ich mich umzog, kreisten meine Gedanken. Ich hätte wetten können, sie heute hier nicht anzutreffen! Doch mein Gefühl hatte mich offensichtlich getäuscht.

Fertig umgezogen verließ ich die Umkleidekabine und begab mich auf das Trainingsgelände. Noch hatte ich keinen blassen Schimmer, wie ich mit unserer Begegnung umgehen sollte. Sollte ich überhaupt etwas sagen? Nur hallo? Ich war unentschlossen. Was Adnan sich wohl von mir gewünscht hätte? Ich wollte ihm beistehen! Doch auch Isabelle tat mir leid. Sicher litt auch sie sehr unter der Trennung!

Ich begab mich an mein erstes Gerät. Isabelle war so sehr vertieft in ihre Übung, dass sie mich noch gar nicht wahrgenommen hatte. Ihr tiefroter Kopf lag auf der Liege und blickte nach unten. Ihr Pferdeschwanz hing seitlich zu Boden während sie ihre Unterschenkel wieder und wieder anhob. Dieser Arsch! Er zog meine Aufmerksamkeit bereits wieder ganz auf sich. Wenn sie ihn in dieser Position anspannte in ihrer engen Leggins wirkte er noch viel heißer, als ohnehin schon. Ich riss mich zusammen. Begann meine erste Übung. Noch immer kreisten meine Gedanken. Doch außer wirren Gedankenfetzen kam ich zu keinem eindeutigen Schluss.

Erst einige Sätze später entdeckte Isabelle mich aus der Ferne. Sie grüßte mit einer leichten Kopfbewegung und lächelte schüchtern. Fast traurig. Der kleine Kloß in meinem Hals begann zu wachsen. Ich grüßte zurück. Wenige Übungen später belegten wir zwei Geräte, die sich in unmittelbarer Nähe befanden.

Nachdem ich auch hier meinen dritten Satz beendet hatte, setzte ich mich kurz. Beobachtete Isabelle und lächelte ihr aufmuntenrd zu. Sie lächelte zurück und beendete dabei ihre letzte Wiederholung. Dann kam sie etwas zögerlich auf mich zu. Ihre Unentschlossenheit spieglete meine innere Unsicherheit perfekt wieder. Ich mochte solche Situationen nicht besonders. Was sagte man zu einem Menschen in dieser Situation?

Ich wollte sie gerne trösten, sie aufbauen. Doch es war nie leicht, die richtigen Worte zu finden. Zu viele kleine Stoplerfallen drohten überall. Einmal kurz nicht aufgepasst. Eine falsche Andeutung gemacht. Und schon wurde man vom tröstenden Chameur zum gefühllosen Tollpatsch! Ich erhob mich und umarmte sie. Es fühlte sich richtig an! Viel falsch machen konnte man dabei nicht. Zumindest wenn man dabei nicht allzu sehr an die verschwitzten Klamotten dachte! "Hey!" sagte ich leise, noch während ich sie an mich drückte. Dann beendete ich die Umarmung, hielt sie aber noch an den Schultern vor mir fest. "Adnan hat mir von eurer Trennung erzählt! Es tut mir so leid!" Noch einmal drückte ich sie. Ihre Gesichtszüge waren merklich um Fassung bemüht. Sie kämpfte mit den Tränen!

"Danke!" sagte sie schließlich leise. Ihre Stimme zitterte. "Was ist denn passiert?" fragte ich sie. Noch immer konnte ich nicht glauben, dass Adnan sie wegen ihrer Prüdigkeit verlassen hatte. Viel zu sehr litt er selbst offensichtlich unter der Trennung. Adnan! Der ansonsten seine Bettgespielinnen wechselte wie seine Unterwäsche! Isabelle schien sich zu schämen. Hatte ich sie in Verlegenheit gebracht? Stimmte Adnans Behauptung doch? "Er liebt mich nicht!" sie konnte es kaum aussprechen. Ihre Stimme drohte zu versagen. Eine Träne kullerte aus ihrem Auge. Sie hatte die Fassung verloren!

Schnell drückte ich sie wieder an mich. Streichelte ihr sanft über den Hinterkopf. Drückte sie dann noch fester. Ihre Tränen kannten nun kein Halten mehr. Sie rannen aus ihr hinaus. Wie ein reißender Bach nässten sie mein T-Shirt ein. Ich wartete einen Moment lang. Ließ nicht von ihr ab. Bis sie einigermaßen die Fassung zurückgewann. Sanft strich ich ihr den Tränenrinnsal von ihrer gebräunten Wange. Sie lachte plötzlich. Versuchte offensichtlich damit ihre Tränen zu überspielen. Sie schämte sich für ihre Weinerlichkeit! Doch mir war ihre authentische Art weitaus lieber als Adnans gespielte Coolness! "Hat er das wirklich so gesagt?" hakte ich vorsichtig nach. "Nicht direkt.." gestand Isabelle ein. Meine Verwunderung stieg. Was meinte sie damit? Ich konnte das nicht so stehen lassen. "Hör mal!" sagte ich leise zu ihr. Versuchte sie alleine mit meiner ruhigen Stimme weiter zu beruhigen. "Ich will nicht von Liebe sprechen! Aber eins ist sicher: Seit ich Adnan kenne habe ich ihn noch nie so erlebt wie in deiner Gegenwart! " In einem Moment der Stille ließ ich meine Worte auf sie wirken, ehe ich fortfuhr: "Du hast etwas in ihm ausgelöst, aufgeweckt, was keine Frau zuvor geschafft hat! Ich konnte ihn zeitweise überhaupt nicht wiedererkennen! Du bist sicher keine gewöhnliche Frau für ihn, Isabelle! Das kann ich Dir versprechen! Also, was hat er wirklich zu Dir gesagt?" Man sah Isabelle die emotionale Achterbahnfahrt während meiner Worte förmlich an. Sie holte tief Luft. Schaute wieder verlegen zu Boden. "Er wollte eine andere Frau!" flüsterte sie schließlich.

Die Emotionen türmten sich schlagartig in mir auf. Kochendes Blut pulsierte wütend in meinen Andern. Dieser lüsterne Vollidiot! Trotzdem konnte ich noch immer nicht fassen, dass er Isabelle nicht mehr wollte. Dass er wirklich Schluss gemacht haben sollte, wie er es mir erzählt hatte. "Wie eine andere Frau?" bohrte ich weiter nach. Ich merkte, wie meine Nachfragen Unbehagen in Isabelle auslösten. War ich bereits zu weit gegangen? Hatte ich mich selbst zum gefühllosen Tollpatsch degradiert? Es kostete sie viel Überwindung mir weiter zu antworten. "Einen Dreier!" flüsterte sie leise. Vergrub sogleich ihr Gesicht in ihren Händen. Wieder schienen Tränen zu fließen. So gut ich konnte nahm ich sie ein weiteres Mal in den Arm. Streichelte über ihre schmalen Schultern. Drückte sie fest. Es wirkte noch immer. Allmählich beruhigte sie sich wieder. "Weißt Du, Adnan kennt sich mit Beziehungen nicht aus!" versuchte ich ihr meine Vermutung zu erklären. Sie schaute auf. Die Erschöpfung war ihren Augen inzwischen deutlich anzusehen. "Wie meinst Du das?" fragte sie neugierig. "Er hat sich noch nie einer Frau so sehr geöffnet wie Dir! Vielleicht weiß er einfach nicht, was noch angemessen ist und was nicht!" Isabelle dachte nach. Man konnte ihr Gehirn fast bei der Arbeit hören. "Meinst Du?" fragte sie nur rhetorisch. Noch immer tief im Gedankensumpf.

In der Tat war es merkwürdig, nach so kurzer Zeit einen Dreier vorzuschlagen. Selbst Adnan hätte ich weitaus mehr Feingefühl zugetraut. Zumal ich ihn ohnehin noch nie mit zwei Frauen gesehen hatte! So ganz passte meine Vermutung nicht. Aber ganz unpassend erschien sie mir auch nicht.

"Hätte ich also gar nicht Schluss machen dürfen?" fragte sie mich plötzlich! Das kam unerwartet! Aber kam Adnan gleich. Jaja, er hatte Schluss gemacht! Von wegen! Weil sie ihm zu langweilig war! Hätte er wohl gerne! Er machte mich wütend in diesem Moment! Warum konnte er nicht einmal seinen Stolz hinter sich lassen? Ich beruhigte mich langsam wieder. Ließ Adnans Lüge nicht auffliegen. Das ging nur ihn und mich etwas an!

"Das kann ich Dir nicht sagen!" antwortete ich ihr. "Aber es bedeutet jedenfalls nicht, dass er Dich nichts für Dich empfindet!". Ich lächelte sie sanft an. Als wollte ich sie damit beruhigen. "Vielleicht solltet ihr einfach noch einmal darüber reden!" schlug ich schließlich vor. "Glaub mir, Adnan ist der größere Trauerkloß von euch beiden!". Isabelle musste lachen. Es war herzzerreißend. Ihr freudiges Lächeln in ihren noch von Tränen durchzogenem Gesicht zu sehen erwärmte mich! Ich gönnte ihr ein Happy End! Plötzlich zog sie mich an sich. Drückte mich nun fest. Wie ich es zuvor mit ihr getan hatte. "Danke!" flüsterte sie in mein Ohr. "Du bist toll!". Dann ließ sie von mir ab und machte sich auf den Weg in die Umkleidekabine.

Nachdenklich blieb ich zurück. Hatte ich das richtige getan? Oder womöglich den Schmerz der beiden durch mein beherztes Eingreifen nur verlängert? Es würde sich herausstellen! Ich setzte mein Training fort. Als Isabelle einige Minuten später umgezogen die Kabine verließ und Richtung Ausgang schlenderte, winkte sie mir noch einmal zu. Sie hatte ihr Lächeln zurück! Zumindest für diesen Moment!

Frisch geduscht aber mit erschöpfter Muskulatur verließ auch ich schließlich das Fitnesstudio und kehrte zurück in die WG. Das Licht im Flur brannte bereits. Adnan war offensichtlich wieder zurückgekommen. Und er war nicht alleine. Zwei flache Frauensandalen standen neben Adnans Schuhen im Flur. Dieser Idiot! Am liebsten hätte ich mir die beiden Treter geschnappt, wäre in sein Zimmer gestürmt und hätte sie ihm um die Ohren geschlagen! Hatte er sich wirklich kein bisschen verändert? Ich bereute schlagartig die guten Worte, die ich bei Isabelle für ihn eingelegt hatte. Womöglich war es nur Wunschdenken redete ich mir ein. Ich wollte ihm helfen, ihm beistehen. Weil er mir leid tat! Aber auch, weil ich mich noch immer schuldig fühlte. Ich musste ihm endlich von der Sache mit Cornelia berichten! Ein wenig beruhigte ich mich wieder. Mein schlechtes Gewissen brachte mich zurück auf den Boden. Womöglich war dies ja einfach nur seine Form der Verarbeitung. Und er empfand wirklich noch etwas für Isabelle!

Ich verzog mich in mein Zimmer und legte mich ins Bett. Mit weit geöffneten Augen starrte ich an die dunkle Zimmerdecke. Die Gedanken ließen mir keine Ruhe. Ich lauschte. Kein Stöhnen zu hören! Egal wer sie war, Isabelles Schreihals würde sie ohnehin nicht übertönen können dachte ich mir. Ich grinste verschmitzt. Noch immer wunderte mich dieser Punkt an ihr. Gedanklich verzieh ich mir in diesem Moment. Ich hatte das richtige getan. Nun lag es an ihnen, wieder zueinander zu finden!

Dann plötzlich hörte ich doch Laute von nebenan. Kein Stöhnen. Doch das Bett quietschte und knartschte auf einmal heftig. Lange hielt es nicht an! Es folgte wieder Stille. Ich tastete meinen Körper herab. Mein Glied war nicht steif, aber auch nicht lasch. Es passte zu der Verwirrung in meinem Kopf. Die Lust war da. Generell verspürte ich in den letzten, aufregenden Tagen auffällig häufig große Lust. Doch nun, da ich im Bett lag und mich ihr endlich hingeben konnte, fühlte ich mich trotzdem nicht danach. Zu sehr beschäftigte mich noch der Tag. Besonders mein Aussetzer auf dem Campusgelände genierte mich noch sehr. So schlief ich schließlich unverrichteter Dinge ein.

Forsetzung folgt...


***Feedback ausdrücklich erwünscht!***
  • Geschrieben von JohnDoe
  • Veröffentlicht am 31.05.2018
  • Gelesen: 5536 mal
Das Profilbild von JohnDoe

Kommentare

  • Blackraven7803.06.2018 18:58

    Profilbild von Blackraven78

    Lieber JohnDoe,

    oh ja, er verändert sich. Für mich nicht zu schnell, eher natürlich im Kontext der Begebenheiten.

    Also ...

    Sehr genial ist, dass er manchmal so selbstherrlich ist, dass ich hier schon Lachen muss. Wie er seiner schwarzen Jeans huldigt ist schon der Knaller. Dass er daraufhin sich so unwiderstehlich findet, dass er zum Grabscher wird, macht es irgendwie irrwitzig und irgendwie für ihn als Charakter authentisch.

    Der Zufall ist nicht immer intelligent, was für ein cooler Satz von Dir. Ich liebe ja, -wie Du schon bemerkt hast- so rhetorische Mittel. Den Satz werde ich sicherlich irgendwann und irgendwo bei mir rhetorisch mit einbauen. Da musst Du durch, dafür habe ich Dir das Stilmittel der Ein-Satz-Methode für den Spannungsbogen gewährt. :-)

    Zu Deinem Post bei mir. Ja, ich bin recht unkonventionell. Auch oft im Schreiben. Aber den meisten gefällt es, weil es klar und deutlich ist.

    Johns Entwicklung geht weiter. Sein Mut ist gut und manchmal heftig, dennoch notwendig. Ich mag ihn. Er ist irgendwie latent verrückt und doch so normal.

    Im übrigen, mir gefällt auch die stets eingebaute Gesellschaftskritik, die in Deinen Zeilen steht.

    Sehe ich wie John.

    5 Sterne von mir.

    Blackraven78

  • JohnDoe09.06.2018 10:14

    Profilbild von JohnDoe

    Liebe Mrs. Zuverlässig,

    vielen Dank einmal mehr für dein ausführliches Feedback! Mrs. Zuverlässig eben! ;)

    Für mich ist die Szene mit dem Grabschen gewissermaßen sinnbildlich für das, was er gerade durchlebt. Ein durch und durch konntrollierter, vernunftgesteuerter Mensch öffnet sich und seine Handlungsintentionen plötzlich bewusst für Emotionen. Die ungezähmt natürlich dazu neigen, an der einen oder anderen Stelle überzuschwappen. Den Umgang damit muss er entweder lernen, oder er wird sich früher oder später in seine eigene Welt zurückziehen, wenn er sich einmal zu viel verbrennt. Wir werden es sehen.. ;)

    Haha, also so frech und fordernd kannte ich Dich bisher nicht. Aber da ich nicht Aristoteles bin gewähre ich Dir das, auch ohne meine Wenigkeit dabei zu zitieren. :P

    Also mir gefällt deine Art zu schreiben auch sehr! Ich mag auch das direkte und ehrliche! Gerade wenn es um Erotik geht. Die Protagonisten müssen ja nicht immer alles direkt aussprechen. Aber Lust geht gewissermaßen ja auch damit einher, diese endlich Stillen zu können. Dadurch ist gerade das Verlangen danach sehr scharf. ;)

    Das mit der Gesellschaftskritik ist wirklich interessant. Also dass Du das zweifelsfrei als solches identifizierst. Gewissermaßen ist das natürlich auch Ausdruck von Johns überheblichkeit. Er ist überzeugt davon, die moralische Überlegenheit innezuhaben. Besser zu sein als andere. Darin verkörpert sich neben seinen sicher überdurchschnittlichen Fähigkeit natürlich auch ein Stück Arroganz. Die wiederum von innerer Unsicherheit zeugen dürfte. Aber sicherlich sind seine kritischen Äußerungen nichts desto trotz bedenkenswert und haben oftmals auch einen wahren Kern. Nur dass die andere Seite in der Regel eben auch eine gewisse Berechtigung hat, wenn auch John diese nicht anerkennt, weil er sie nicht versteht und teilweise auch noch immer nicht bereit ist, sich dieser Denkweise zu öffnen.=)

    Mhh dann bist Du vielleicht Johnina? Oder John hat einfach etwas in sich, womit er Dich leicht überzeugen kann ;)

    Im Ernst, vielen Dank für die tolle Bewertung! Werde mich revanchieren ;)

  • Blackraven7809.06.2018 11:17

    Profilbild von Blackraven78

    Lieber JohnDoe,

    habe ich Glück, dass Du nicht einer der Weisen bist, den ich zitieren müsste. Weder Platon noch Aristoteles. Es gibt halt Wort- oder Satzkreationen, die schreibe ich sofort in eine Extradatei. Die muss ich dann haben, aber das kennst Du sicher auch. Der Zufall ist selten intelligent gehört naturgegeben dazu. Aber sowas von dazu!

    Diese Nuance Arroganz steht ihm zu, finde ich. Er handelt hoch moralisch und in seinem gesetzten Rahmen sehr korrekt. Das bringt ihm zwar auch nicht wirklich weiter, wie man sieht, aber er kann auch nicht anders. Das wiederum hat ebenfalls mit seinem Intellekt zu tun. Zumindest glaube ich, dass es so ist. Meine Interpretation.
    Somit liest sich Johns Gesellschaftskritik mehr als offensichtlich. Ich könnte auch sagen, sie springt mich regelrecht an. Spannend auch, dass Du genau diese Sätze oft mit einem Ausrufezeichen enden lässt. Das unterstreicht es nochmal! *lächelt

    Aber das macht die Story auch so aktuell, so modern, so ehrlich, lesbar, lustig, nachdenklich ... ganz nach Stimmung eben auch anregend.

    Liebe Grüße

    Blackraven78

Schreiben Sie einen Kommentar

0.107