Erotische Geschichten

Bitte melden Sie sich an

Auf der guten Seite der Grenze 2/4

5 von 5 Sternen
Auf der guten Seite der Grenze 2/4

Kathrin, Alex. Beide in festen Händen. Doch wie es knistert! Eine langweilige Weiterbildung wird zu einem Sündentanz auf dem Vulkan.

********************

Kathrin und Alex lernen sich bei einem Seminar kennen, rasch entsteht eine magnetische Anziehung. Doch beide sind in Beziehungen und wollen treu bleiben, ein regelrechter Seitensprung kommt also nicht in Frage. Andererseits können sie die Finger nicht voneinander lassen. Sie sprechen eine Grenze ab, bis zu der sie maximal gehen werden. Das macht alles hübsch sicher und ungefährlich.

Oder?!

Dingo666

********************


TEIL 2

Alex schloss die Zimmertür sehr sacht hinter sich. Dabei hätte er sie am liebsten zugeschmettert und dazu laut geschrien. Er stemmte die Hände in die Hüften und stierte durch das Fenster, ohne das Grün der Bäume gegenüber wahrzunehmen.

Sie war ernsthaft sauer auf ihn. Kein Wunder, wenn er sich schon wieder benahm wie ein Hornochse. Ihr Zuspätkommen und die überstürzte Flucht in die Pause hatten ja mehr als deutlich signalisiert, dass sie ihre Ruhe haben wollte. Und er? Er hatte nichts Besseres zu tun als ihr nachzulaufen und alles noch schlimmer zu machen.

Er atmete durch und zwang sich zu einer nüchternen Betrachtung. Eigentlich sollte er ihr dankbar sein. Wenigstens sie vergaß nicht, dass sie beide in festen Händen waren. Und dass ein Kuss die trügerisch harmlose Vorstufe zu etwas sehr viel Gefährlicherem sein konnte. Schließlich hatte er nicht die geringste Absicht, Jette zu verlassen oder sie zu hintergehen.

Oder?

Oder???

Mit einem Seufzen lockerte er alle Muskeln in seinem Körper und ließ die Luft aus den Lungen strömen. Er horchte in sich hinein. Das lautlose Echo von dort veranlasste ihn zu einem Nicken. Es stimmte, das spürte er. Jette war seine Partnerin. Seine Braut. Sie war diejenige, die er wollte, zweifellos.

Andererseits – sobald er das Bild von Kathrins dunklen Augen zuließ, von ihrem spöttischen Lächeln, und sobald er sich an den Duft ihrer Haare erinnerte, da...

Ein Klopfen an der Tür. Schüchtern.

„Ja?"

Die Klinke senkte sich. Kathrin streckte ihren Kopf herein. Ihr Gesicht wirkte blass. Alex brachte kein Wort heraus, konnte sie nur anglotzen. Sie schob sich ins Zimmer und schloss die Tür, die Hände hinter dem Rücken. Das grüne Kleid saß wie eine zweite Haut auf ihrem Leib und betonte ihre tolle Figur. Er riss seinen Blick mit Gewalt von der angedeuteten Wölbung im Dekolleté.

„Jetzt muss ich mich wohl entschuldigen", flüsterte sie und rang mit einem Lächeln. „Normalerweise bin ich nicht so eine Zicke. Nur..." Sie brach ab und zuckte die Schultern.

Unwillkürlich trat er auf sie zu und nahm ihre Hände. Sie sah ihn an. Die Offenheit und die Verletzlichkeit in ihren Augen berührte ihn.

„Wieder Freunde?", raunte er mit einem angedeuteten Lächeln. Sie nickte, ruckhaft wie ein Vögelchen.

„Wieder Freunde."

Sie hielten sich an den Fingern, blickten sich an. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und verwandelte sie von einem verhärmten Mädchen zurück in eine wunderschöne junge Frau. Alex spürte, wie sich seine Mundwinkel immer weiter nach oben zogen. Er konnte nichts gegen das Grinsen machen, wollte es auch nicht. Schließlich lachte er auf. Ein Laut der Befreiung, der Freude.

„Was ist?", grinste sie, mitgerissen von seiner guten Laune. Das brachte ihr Gesicht zum Leuchten wie einen Sonnenaufgang.

„Nichts. Oder doch. Alles." Neues Lachen.

Sie nickte, verstand wohl irgendwie, was er meinte. Und dann, ungeplant, lag sie in seinen Armen. Alex erstarrte, doch als sie ihm die Hände auf den Rücken legte und sich leicht an ihn drückte, da wagte er eine Erwiderung der Geste. Mein Gott, sie fühlte sich so gut an in seinem Griff. Ganz sacht strich er ihr über die Schulterblätter und schwelgte in ihrer Nähe und ihrem Duft. Sie erzitterte und klammerte sich fester an ihn. Der Moment zerfloss, weitete sich zu einer Ebene stillen Glücks.

Kathrin legte den Kopf zurück und blickte ihn an, aus nächster Nähe. In ihren Augen leuchtete es wie hinter fast geschlossene Ofentüren.

„Wirst du mich jetzt wieder küssen?", murmelte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Nein." Er räusperte sich und straffte den Rücken. „Fehler sollte man nicht wiederholen."

„Hm." Sie zwinkerte unmerklich und barg den Kopf an seiner Brust. „Schade eigentlich..."

Er blinzelte überrascht. Verstand er das jetzt richtig? Er legte ihr zwei Finger unter das Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. In ihrer Miene las er dieselbe Mischung aus Hoffnung und Zurückhaltung, die er selbst empfand. Sie öffnete die Lippen und sog die Luft in Schüben ein. Ihr Körper bebte.

„Freunde?", hauchte sie tonlos.

„Freunde."

„Nur Freunde?"

„Nur." Er nickte und beobachtete verzaubert, wie sich etwas Hexenhaftes in ihre Pupillen schlich.

„Dann kann ja nichts passieren, oder?", hakte sie nach.

„Überhaupt nichts."

„Sehr gut." Sie schloss die Augen und streckte das Gesicht hoch. Er beugte den Nacken wie unter einem fremden Zauberbann. Diesmal küsste er sie. Ganz leicht. Nur ein Streifen der Lippen, ein Kontakt, ein warmer Hauch. Sie rührte sich nicht, sondern hielt ihn, hielt sich fest. Ein zweiter Kuss, länger.

„Mh."

Mit einem unterdrückten Laut klammerte sie sich an seine Schultern. Ihre Lippen verschmolzen, sie reagierte, antwortete. Ihr Atem schmeckte so gut, dass ihn ein Schwindel ergriff. Dazu das unbeschreibliche Gefühl ihrer Brüste an seinen Rippen, ihrer Schenkel an seinen. Das Wiesel in seiner Hose bäumte sich auf, drängte vor. Für eine halbe Sekunde zögerte er. Dann schob er die Hüfte nach vorne, ließ sie sein Rohr spüren. Sofort presste sie ihren Schoß dagegen und rieb sich an ihm. Ihr Mund wurde weich, öffnete sich, und...

Mit einem lauten Schmatz riss sie sich los und staunte ihn wildäugig an. Sie atmeten beide schwer, und keiner machte Anstalten, die enge Umarmung zu lockern.

„Tun Freunde so was?", murmelte sie und stupste seine Erektion mit dem Leib an.

„Manchmal anscheinend schon", gab er mit flacher Stimme zurück und bewunderte das Schimmern ihrer feuchten Lippen, den herzzerreißend eleganten Schwung der Wimpern. Sie betrachtete ihn nachdenklich.

„Du bist verlobt", meinte sie dann. „Ist das für dich okay, wenn du eine andere Frau küsst?"

Er dachte nach, ohne den Blick von ihrem zu lösen.

„Ja, das ist okay", nickte er schließlich. „Es ist wunderschön, dich zu küssen. Aber das hat nichts mit Jette zu tun. Ich liebe sie und werde sie nicht betrügen. Ein Kuss – nun, das ist für mich kein Betrug. Das kann ich ihr sogar erzählen."

Sie forschte in seinen Augen. Alex legte allen Nachdruck in seinen Blick. Um sie zu überzeugen. Und auch sich selbst.

„Was ist mit dir?", fragte er, um davon abzulenken, und streichelte sie zwischen den Schulterblättern.

„Von einem Kuss könnte ich Detlef auch berichten." Ihr Grinsen zeigte einen düsteren Anstrich, so als ob sie sich beinahe darauf freute. „Also geht es wohl in Ordnung."

„Das ist gut. Sehr gut sogar."

Sie küssten sich erneut. Bewusst. Fast feierlich. Wie um eine Absprache zu besiegeln, einen geheimen Vertrag. Doch rasch stahl sich eine hungrige Komponente hinein. Alex forderte, und sie folgte. Ihr Mund wurde weich, öffnete sich. Seine Zungenspitze traf auf Wärme, auf ihren Atem, auf etwas Glattes, Nasses.

Mit einem Urlaut hängte sie sich an ihn und sperrte die Kiefer auf, als wollte sie fallende Regentropfen trinken. Er nahm Besitz von ihrer Kehle, drang mit der Zunge tief in die warme Höhle, forschte nach der ihren, lockte, versprach, spielte. Ihre Zähne rieben aneinander, gruben sich in Lippen, ihre Leiber arbeiteten, drängten. Seine Hand lag auf einmal auf dem unteren Ende ihrer Wirbelsäule, die sich schlangenähnlich bog. Unter den Fingerspitzen spürte er den Saum ihres Höschens, und den Ansatz der doppelten Wölbung darunter. Mit hundertprozentiger Sicherheit hätte sie nichts dagegen, wenn er sie noch tiefer packen würde, noch mehr spüren von diesen erregenden Formen und dem verlockenden Tal dazwischen...

„Oh Gott", schluckte sie und kämpfte um Atem, eine Hand auf seine Brust gelegt. Ihr Blick flackerte verhangen, erfüllt von dem Feuer, das er vom ersten Augenblick an in ihr vermutet hatte.

„Zu viel?", fragte er. „Oder noch auf der guten Seite?"

„Ja. Ich meine – nein. Nicht zu viel." Sie lächelte mit etwas Mühe. „Nur... ungewohnt. Unerwartet."

„Nochmal?"

„Mhm."

Diesmal nahmen sie sich mehr Zeit. Eine Serie von Küssen, manche zart, manche gierig. Sie leckte seine Unterlippe, er drängte die Zungenspitze in ihren Mundwinkel, was sie erschauern ließ. Dann wanden sie die Zungen umeinander, schmeckten den Speichel des anderen, tranken sein Aroma. Die ganze Zeit wichen ihre heißen Körper keinen Millimeter voneinander. Die Zeit verlor ihre Bedeutung, die Welt zog sich zurück, bis es nur noch sie beide gab in der Leere der Unendlichkeit ...

„Oh?" Sie lauschte, alarmiert. Da hörte er es auch. Das Murmeln und Lachen im Foyer war verstummt.

„Das Seminar geht weiter." Mit einem Seufzer löste sie sich von ihm.

„Scheiß auf das Seminar", knurrte er. „Das ist nutzlos, ich lerne nichts Neues dabei. Du auch nicht, oder?"

„Nein. Aber wenn wir jetzt beide fehlen, dann wissen alle, was los ist."

Etwas heulte auf in ihm. Ein Dinosaurier, dem die Beute zu entwischen drohte. Er bezwang sich und ließ seine Arme sinken.

„Gut. Dann du zuerst. Ich komme in einer Minute nach, ja?"

„Okay." Sie küsste ihn rasch und wandte sich zur Tür.

„Moment." Er legte ihr die Hand auf den Arm. „Spaziergang? Nach dem Mittagessen?"

Sie überlegte.

„Gut."

Das Lächeln, mit dem sie hinaus schwebte, reichte aus, um ihn die komplette folgende Unterrichtseinheit von innen her zu wärmen.

***

Der Waldweg schlängelte sich in regellosen Kehren den Hügel empor. Kathrin packte einen Ast und zog sich über einen Baumstumpf. Sie war froh, dass ihr Magen nicht mehr von den *****ren Knödeln akzeptiert hatte. Die Mittagspause war nicht allzu lang, und sie wollte sich nicht beschwert fühlen, sondern leicht, beschwingt, und lebendig.

Hinter ihr stapfte Alex. Sie hörte seine schwereren Tritte auf dem Laub und nahm seine Präsenz wahr. Sie lächelte versonnen. Wer hätte gedacht, dass ihre erste Weiterbildung im neuen Job in so eine Richtung führen würde? Sie konnte seinen harten Mund immer noch spüren, wenn sie sich mit der Zunge über die Lippen fuhr.

Wortlos erklommen sie die Höhe. Von Kathrin aus hätte das ruhig so weitergehen können, als stilles, gemeinsames Erlebnis. Doch schon nach wenigen Minuten erreichten sie den höchsten Punkt des Hügelchens. Hier erstreckte sich eine frisch gerodete Fichtenschonung. Baumstämme waren zu Stapeln aufgeschichtet, zwischen den Wurzeln blühten aufgeschossenes Unkraut und junge Triebe. Von irgendwo her ertönte das Hämmern eines Spechts.

Sie blieb stehen und nahm die Ruhe des Waldes in sich auf. Alex trat hinter sie und legte die Hände auf ihre Schultern. Sie spürte die Frage darin.

Sollte sie?

Ach, zum Teufel!

Mit einem Seufzen lehnte sie sich gegen ihn und genoss die Stärke und Stabilität, die er ausstrahlte. Er strich an ihren Armen hinab und verschränkte die Hände vor ihrem Bauch. Sie fühlte sich geborgen und behütet. Als er sie auf die Haare küsste, da legte sie den Kopf zur Seite und erzitterte jedes Mal, wenn seine Lippen sie hinter dem Ohr oder am Hals berührten. Dennoch verhinderte die Stimmung zwischen ihnen das Abgleiten in eine neue, wilde Knutscherei. Es gab Wichtigeres zu klären, das spürten sie beide.

„Also? Wie soll es nun weiter gehen?", stellte er die entscheidende Frage, ein warmer Hauch an ihrem Ohrläppchen.

„Ich habe keine Ahnung." Sie seufzte tief und schubberte sich an seiner Brust.

„Bleibt es dabei? Nur Freunde? Kein Betrug?"

„Denke schon." Sie wollte nicht darüber nachdenken. Nur spüren, nur sein. Ein zweiter Seufzer.

„Dann sollten wir klären, wo der Betrug beginnt", sagte er und knabberte an ihrer Schulter. Sie kicherte nervös.

„Küssen ist kein Betrug, soweit waren wir schon, ja?"

„Ja." Sie horchte den Worten nach. Stimmte das? Vermutlich.

„Umarmen anscheinend auch." Er drückte sie fester an sich. „Was ist denn zum Beispiel damit?"

Seine rechte Hand löste sich von ihrer Mitte und strich in Zeitlupe höher. Über ihre Rippen, und weiter. Sie sog die Luft tief in die Lungen. Ihre Brust fühlte sich plötzlich irrsinnig sensitiv an. Als er den unteren Rand berührte, wäre sie fast in die Höhe gehüpft.

Stattdessen zwang sie sich zur Ruhe und blickte an sich herunter. Sah zu, wie er schmetterlingsleicht um die Rundung strich und dabei eine warme Prickelspur in ihrem Fleisch zog, bis seine Finger voll um ihren Busen lagen und sanft drückten.

„Hhh..."

Kathrin erschauerte und drängte ihm entgegen, musste es tun. Er schloss seinen Griff fester. Eine Fingerspitze wanderte am Rand der Brustwarze entlang, die sich fantastisch hart und groß anfühlte und sich durch das Kleid abzeichnete wie eine Kirsche unter dem Stoff. Sie stöhnte und presste sich an ihn, ihr Becken bewegte sich von selbst. Sofort reagierte er, und sie spürte die Härte seiner Erektion am Po.

Oh Gott, sie führte sich ja auf wie eine läufige Hündin! Aber es war einfach zu schön, die Augen zuzumachen, sich diesen forschenden Berührungen hinzugeben und der Schwere in seinen Atemzügen zu lauschen. Der lustvolle Tanz auf dem Vulkan hatte ihn genauso in seinen Bann gezogen wie sie selbst.

„Betrügst du deinen Mann, wenn du dich so von mir streicheln lässt?", schnurrte seine Stimme an ihrem Ohr. Die andere Hand hatte sich ebenfalls auf ihren Busen gestohlen, er umspielte die beiden Halbkugeln, die sich anfühlten, als wollten sie den BH sprengen.

„Nein", schluckte sie, ohne nachzudenken. „Das ist noch auf der guten Seite der Grenze."

„Gut. Das ist nämlich wunderschön." Damit packte er stärker zu, klemmte die Nippel zwischen zwei Fingerspitzen und rieb. Kathrin riss den Mund auf und keuchte in langen Schlucken. Intensive Hitze schoss in ihren Unterleib.

Sie drehte den Kopf und sah ihm über die Schulter in die Augen, ohne etwas von der Lust zurückzunehmen, die unter seiner Berührung in ihr aufflammte. Seine Raubtierpupillen glitzerten seltsam hart. Dieselbe Gier brannte darin, die sie selbst erfüllte.

„Was wäre, wenn ich dir jetzt das Kleid aufmache, den BH wegschiebe, und dich auf diese süße Brust hier küsse?", raunte er und drückte zur Erläuterung seine Fingerspitzen in den rechten Hügel. „Wenn ich diesen harten Nippel küsse und in den Mund nehme? Daran sauge? Dich vielleicht beiße, ganz zart?"

Sie konnte nicht antworten. Nur eine Art Winseln entrang sich ihrer Kehle. Es wurde vom Stakkato ihres Keuchens in kurze Töne zerhackt. Der Wald schien sich um sie zu drehen, genauso wie der Rest der Welt. War das noch auf der guten Seite? War das schon Betrug? Was würde Detlef sagen, wenn sie ihm davon berichtete? Wie würde sie sich fühlen bei dem Ausdruck, der dann in seinen Augen stand? Doch seltsam – Detlefs Gestalt blieb vage, sein Gesicht verschwommen...

„Und was, wenn ich dich auch hier anfasse?" Seine Stimme war nur noch ein Hauch. Eine Hand wanderte tiefer, über ihre fliegende Bauchdecke, bis die Fingerspitzen in den oberen Rand ihres Venushügels drückten. Weiter ging er nicht, und dafür war sie dankbar. Sie hätte nämlich die Beine auseinandergenommen und sich an seinem Griff gerieben wie eine notgeile Schlampe. Sie wäre endgültig in den Krater gestürzt und hätte sich von der Lava umschmeicheln lassen...

„Oder" – er fasste nach ihrer Hand und schob sie zwischen sich, auf den heißen Hügel in seiner Jeans – „was, wenn ich dich hier ins Gras lege, ganz nackt, und wir treiben es miteinander?"

Die letzten Worte rissen sie aus ihrer Trance. Sie blinzelte, um die klebrigen Fäden im Kopf loszuwerden. Hier verlief die Grenze, das spürte sie. Ebenso wie die Dankbarkeit, dass er ihr die Grenze gezeigt hatte. Genauer gesagt: Dass er ihr erlaubte, sich im Vorfeld klar zu werden, was sie tun wollte und was nicht. Wenn er es einfach getan hätte, dann wäre ihr das wesentlich schwerer gefallen.

Sie seufzte und schloss die Finger, fühlte nach dem harten Umriss mit dem Pochen darin. Dann ließ sie los und drehte sich in seinen Armen. Sie legte Alex beide Hände um den Nacken und küsste ihn zärtlich.

„Ich würde mich wahnsinnig gern von dir hier auf dem Boden durchnehmen lassen", flüsterte sie und rieb den Bauch an ihm. „Das wäre toll, das weiß ich. Aber das wäre nicht mehr gut. Es wäre auf der falschen Seite der Grenze. Echter Betrug."

Er nickte ernst. „Und alles andere?"

„Hm!"

Sie zwang sich zum Nachdenken. Was war mit dem Streicheln, dem Küssen? Eine Erinnerung kam hoch wie eine Luftblase aus der Tiefsee.

„Ich hatte das schon mal", murmelte sie. „Noch in der Schule, mit meinem ersten Freund. Einmal war ich alleine auf einer Party, direkt nach dem Abi. Ich hatte schon was getrunken und war ziemlich von der Rolle. Da war dieser Typ, ich weiß nicht mal mehr seinen Namen. Jedenfalls haben wir auf der Hollywood-Schaukel gefummelt wie die Verrückten."

Alex grinste und nickte ihr aufmunternd zu.

„Am nächsten Tag habe ich es Timo gebeichtet und dabei total geheult. Zuerst war er sauer. Aber dann hat er gelacht und gesagt, wer eine hübsche Freundin hat, der muss es wohl aushalten können, dass sie auch andere Jungs anzieht."

Ein leises Lachen von ihm, seine Finger auf ihrem Rücken.

„Und wird dein Mann das auch so entspannt sehen können?"

„Keine Ahnung." Sie starrte ins Leere. „Wichtig ist, wie ich es sehe, oder?"

„Schätze schon. Fummeln ist also okay, miteinander schlafen nicht."

„So ähnlich..."

Nun, etwas abgekühlt, konnte sie besser nachdenken. Ja – sie hatte nicht den Eindruck, mit ein wenig Streicheln ihre Ehe zu gefährden. Das würde Detlef ihr verzeihen. Das würde sie sich selbst verzeihen.

„Und wie steht es mit dir?", fragte sie und streichelte seinen Haaransatz.

„Ähnlich, denke ich." Nun war es an ihm, zu seufzen, und an ihr vorbei zu gucken. „Ich will in keinem Fall mit Geheimnissen oder Lügen in die Ehe gehen. Also werde ich Jette alles erzählen müssen, was immer wir tun. Ein Flirt und eine Schmuserei, das kann ich vertreten. Eine letzte Dummheit vor der Hochzeit, sozusagen. Wenn wir richtig S*x haben würden, dann wäre das... etwas anderes."

„Gut, dann sind wir uns ja einig." Sie lächelte, erleichtert über den Konsens. Und gleichzeitig ein wenig traurig.

„Schätze ja." Er grinste und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Gut so?"

„Sehr gut." Kathrin schmiegte sich an ihn. „Es ist viel zu schön, dich zu spüren, als dass ich damit aufhören könnte."

„Ich weiß genau, was du meinst."

Der Kuss zog sich so sanft in die Länge wie der Sandstrand an einer einsamen Insel. Sie genoss das Spiel ihrer Zungen und ebenso den Griff, mit der er eine Pobacke umfasste und ihre Kehrseite erforschte. Jetzt, nach dieser Klärung, fühlte sie sich leicht und befreit. Jung. Mit einem stillen Kichern drückte sie sich auf die Zehenspitzen, damit er sie noch besser anfassen konnte. Alex brummte und packte begeistert zu, nahm die straffe Form in die Hand. Die unverschämte Berührung fachte die Glut in ihrem Schoß erneut an. Sie keuchte ihm in den Mund und machte keinen Hehl aus ihrer Erregung. Die neue Offenheit zwischen ihnen steuerte einen ganz eigenen Kitzel bei.

„Meine Güte! Was sollen wir nur tun?", murmelte sie zwischen zwei Küssen.

„Wir verbringen die Nacht zusammen, und beschränken uns auf Streicheln und Küssen", kam es sofort von ihm. Aus seiner Stimme sprach dieselbe Begierde, die in seinen Fingern saß.

„Was?", blinzelte sie.

Alex hielt inne und sah erstaunt drein.

„Ich dachte, das hätten wir besprochen. Wir werden nicht miteinander schlafen. Alles andere ist okay."

„Aber..." Sie biss sich auf die Lippen und verstummte. So konkret hatte sie bisher nicht gedacht. Ihr Kopf drehte sich wieder, dieses Bild überforderte sie. Hastig sah sie auf die Uhr an ihrem Handgelenk.

„Oh, die Pause ist gleich vorbei. Wir müssen zurück." Sie machte sich los.

„Kathrin, warte!" Er hielt sie um die Taille fest und sah ihr eindringlich in die Augen. „Ich will dich nackt in meinem Bett. Ich will dich streicheln, und küssen, und lutschen. Endlos lange, überall. Ich will dich so sehr spüren, wie es nur geht, ohne zu vögeln."

Sie gaffte ihn an, brachte kein Wort heraus.

„Ist es auch das, was du willst?", drängte er.

„Ich..."

„Sag schon. Bitte!"

Sie atmete tief durch und drängte den Schwindel zurück.

„Ich muss darüber nachdenken", sagte sie. „Wir sprechen heute Abend darüber, ja?"

***

„... und stell dir vor: Das Restaurant hat angerufen. Sie haben gerade einen neuen Verstärker und Lautsprecher beschafft. Wir müssen also nicht unsere eigenen Sachen mitbringen. Ist das nicht super?"

„Toll. Wirklich gut."

Alex hielt das Handy ans Ohr gepresst und lauschte seiner Verlobten. Jetzt, kurz vor sechs, war sie aus dem Büro zurück und lag vermutlich auf dem Sofa. Er sah sie förmlich vor sich, die Arbeitskleidung abgestreift, nur in Slip und Shirt. Sie zog immer den BH aus, die schweren Brüste zeichneten sich so mehr als deutlich unter dem Stoff ab. Wenn er sie so antraf, dann musste er sie einfach streicheln. Oft entstand daraus ein Liebesspiel. Mehr als einmal hatten sie das Abendessen ausfallen lassen oder waren zu spät zu einer Einladung gekommen, weil sie auf dem Sofa S*x hatten.

Er lächelte versonnen. Doch gleichzeitig drängte sich ein anderes Bild dazwischen, ein anderer Eindruck. Eine Brust, kleiner und straffer, unter einem flaschengrünen Kleid... Von den folgenden Erläuterungen über den aktuellen Stand der Hochzeitsvorbereitungen bekam er nur die Hälfte mit.

„Ich muss Schluss machen", warf er irgendwann ein. „Die anderen wollen gleich Essen gehen."

„Gut. Ich habe mich noch mit Helga verabredet, im ´Bingo´. Dann bis Samstagabend! Ich liebe dich!"

„Ich liebe dich", antwortete er automatisch und beendete die Verbindung.

Stirnrunzelnd ließ er das Handy sinken. Stimmte das, was er gesagt hatte? Liebte er Jette? Konnte man das Liebe nennen, wenn ein Teil seines Gehirns sich gleichzeitig ausmalte, wie es sein würde, wenn Kathrin in wenigen Stunden unter seine Decke schlüpfte und sich an ihn schmiegte?

Doch seltsamerweise spürte er zwar Beklommenheit, aber keine nagenden Zweifel. Kathrin, das war hier und jetzt. Er würde sie nicht wiedersehen, wenn das Seminar vorüber war. Weder wollte er es, noch konnte er. Also hatte es nichts mit dem Rest seines Lebens zu tun.

Nein, das stimmte nicht, musste er zugeben. Es hatte sehr wohl etwas damit zu tun. Doch die seltsame Romanze mit Kathrin fühlte sich an wie eine Insel. Abgeschieden, weit entfernt vom staubigen Alltagskontinent. Was immer auf diesem Eiland geschah, erzeugte nur schwache Echos anderswo.

Hoffentlich.

Kathrin hatte sich noch immer nicht geäußert. In der Nachmittagspause bat sie um Entschuldigung und ging auf ihr Zimmer, dachte wohl nach. Ob sie kommen würde? Oder doch einen Rückzieher machen? Schließlich war sie bereits verheiratet, nicht nur verlobt.

Das Lodern von dem Ausflug auf den Hügel glomm noch in seinen Adern. Am liebsten hätte er dem Mädchen gleich dort die Kleider vom Leib gerissen, und aller Wahrscheinlichkeit nach hätte sie sogar mitgemacht. Gut, dass er der Versuchung widerstanden hatte. Das war ein Spiel mit dem Feuer, was sie hier trieben. Überstürzte Entscheidungen führten unweigerlich zu Brandwunden.

Ein elektronisches Piepen ließ ihn hochschrecken. Er sah sich um. Ah, an dem Haustelefon auf dem Schreibtisch blinkte eine grüne LED. Das war doch sicher –

„Ja?"

„Alex, hier ist Kathrin."

„Hallo!"

Er lauschte in den Hörer. Für zwei Sekunden hörte er nur ihren Atem, spürte ihr Zögern. Sein Herz wurde schwer wie ein Stein.

„Ich – wir sollten es lassen, Alex", begann sie. „Ich weiß einfach nicht, ob es richtig ist. Ich habe gerade mit Detlef telefoniert, und...". Die Stimme verklang.

„Verstehe", sagte er, mit derselben schrecklichen Vernünftigkeit im Tonfall.

„Außerdem... ich bin nicht sicher, ob wir es kontrollieren können. Ob wir dann wirklich nur schmusen, und nicht doch irgendwann übereinander herfallen. Für mich kann ich da jedenfalls nicht die Hand ins Feuer legen. Wenn es um S*x geht, dann vergesse ich mich schon mal."

„Ja..."

„Tut mir wirklich leid, Alex. Ich bin sicher, es wäre wahnsinnig schön mit dir. Aber es geht einfach nicht."

„Schon okay." Er ließ sich in den Stuhl fallen und starrte die Decke an. „Schon okay."

„Böse?"

„Nein." Er überlegte kurz. „Wirklich nicht. Wir sind schließlich Freunde, oder?"

„Freunde, genau. He – die anderen gehen nachher wieder in dieses Restaurant im Dorf, das soll richtig gut sein. Wollen wir auch mit?"

„Gute Idee. Wann geht´s denn los?" Er legte mehr Enthusiasmus in seine Stimme, als er empfand.

„Halb acht."

„Gut, ich bin dabei."

„Das ist schön. Bis nachher."

„Bis nachher."

Es klickte in der Leitung. Langsam ließ er den Hörer sinken.

„Kacke!", murmelte er. Aus der Traum! Keine schlanke, biegsame Kathrin in seinem Bett, keine heimliche Fummelnummer als Abschied vom Junggesellendasein. Am liebsten hätte er das Telefon durch die Fensterscheibe gefeuert. Stattdessen legte er sorgfältig auf und rieb sich die Stirn.

Nun ja. Er sollte Kathrin dankbar sein. Sie zeigte mehr Verantwortungsgefühl, als er selbst aufbringen konnte. Morgen, wenn das Seminar zu Ende ging, würde er ihr wahrscheinlich die Füße dafür küssen, dass er mit reinem Gewissen nach Hause fahren konnte.

Außerdem würde er sie ja gleich noch sehen, beim abschließenden Abendessen. Sie würden nebeneinandersitzen, sich unterhalten. Wenigstens die Nähe genießen, und das Schwingen spüren. Das Echo dessen, was hätte sein können.

Doch das fühlte sich das ganz und gar nicht an wie ein Trost.

***

Kathrin knöpfte das grüne Kleid auf, ganz in Gedanken. Der Abend im Restaurant war erstaunlich fröhlich verlaufen. Alle waren dabei gewesen, und sogar Dr. Bohnert taute auf und erzählte Schwänke aus seinem Leben.

Alex war neben ihr gesessen, die ganze Zeit, doch sie mussten sich mit heimlichen Blicken und dem Kontakt ihrer Schenkel und Knie unter dem Tisch zufriedengeben. Mehr als ein paar unverbindliche Sätze konnten sie nicht austauschen. Jetzt, kurz nach zehn, war sie zurück in ihrem Zimmer und wollte noch duschen. Sie hasste es, den Geruch von Olivenöl und Küche in ihren Sachen und in den Haaren ins Bett mizutnehmen.

Sie zog das Kleid aus und tappte barfuß ins Bad. Als das Licht aufflammte, starrte ihr Spiegelbild sie an. Sie schnitt sich eine Grimasse und drehte sich vor dem Spiegel hin und her. Dieser neue BH von Passionata sah wirklich gut aus. Richtig schade, dass Alex sie nicht so erblickte...

Sie kicherte und löste den Verschluss. Oder so, mit nackten Brüsten. Nun, zumindest gespürt hatte er sie schon.

Ein Kribbeln lief über ihre Haut, und unwillkürlich legte sie sich die Hände auf den Busen. Die Brustwarzen kamen ihr immer noch empfindlicher vor als sonst, und bei der Berührung reagierten sie sofort und schwollen an.

Mit einem Seufzen ließ sie das und streifte den Slip ab. Als sie abwesend eine juckende Stelle an den Schamlippen kratzte, da waren ihre Fingerspitzen plötzlich feucht und schlüpfrig. Überrascht fasste sie nach. Tatsächlich – die ganze Scham troff von ihren Säften. Stammte das noch vom Spaziergang auf den Hügel in der Mittagspause? Kaum möglich, so lange hielt das nicht. Das bedeutete, die reine Anwesenheit von Alex im Restaurant musste es ausgelöst haben.

„Alex Weller!", murmelte sie vor sich hin und genoss das dämliche Grinsen auf ihren Lippen. „Du weißt wirklich, wie man ein Mädchen in Fahrt bringt."

In heiterer Stimmung trat sie unter die Dusche. Das Wasser rann köstlich heiß über ihre Haut und löste nicht nur die Gerüche, sondern auch alle Verspannungen. Und den Hauch von schlechtem Gewissen, den sie Alex gegenüber verspürt hatte. Sie wusch sich mit einem tonlosen Summen und dachte dabei an nichts, überließ sich den Bildern und Gefühlen, die von selbst auftauchten.

Wenig verwunderlich: Alle drehten sich um eine Person. Sie lächelte mit geschlossenen Augen. Mein Gott – sie hatte sein Ding angefasst. Zwar nur in der Hose, aber immerhin. Das hatte sich gut angefühlt. Hart und heiß, voller Leben. Und als er ihr die Hand auf den Bauch legte, da hätte sie am liebsten sofort das Kleid hochgerafft und sie tiefer geschoben. Auf den Slip. In den Slip hinein. Dann hätte er selbst gespürt, wie feucht sie war. Er hätte erst einen, dann zwei Finger an ihrer Spalte entlang gerieben und damit allmählich die Schamlippen auseinander gedrückt und dazwischen tiefer gegangen...

Puh! Mit einem Anflug von Verlegenheit nahm sie die Hand aus ihrem Schritt und konzentrierte sich auf die Reinigung. Unten herum wusch sie sich besonders gründlich. Schließlich wollte sie nicht, dass Alex...

„Moment!", sagte sie laut und hielt inne. Alex war in seinem Bett und würde dort bleiben, das hatten sie doch verabredet! Das war ihr eigener Wunsch, ihr Vorschlag. Sehr wohl hatte sie das Bedauern in seiner Stimme registriert, als sie ihm das verkündete.

Ihrem Körper war das egal. Sie fühlte sich, als hätte man sie am ganzen Leib abgeschmirgelt und nur dünnste Haut gelassen. Gerade ausreichend, um das rohe Fleisch zu bedecken. Jeder Strahl vom Brausekopf traf sie wie eine Nadel, obwohl der Wasserdruck nicht besonders hoch war. Die Brustwarzen weigerten sich, auch nur ein Jota ihrer Härte zu verlieren, und so etwas wie eine Bleiplatte drückte auf ihren Magen.

„Schluss damit!"

Schnell wusch sie die Haare und trocknete sich ab. Vielleicht war es heute nochmals notwendig, dass sie sich im Bett selbst Erleichterung verschaffte, um einschlafen zu können. Und falls nicht, dann würde sich Detlef morgen Abend freuen, wenn ihre aufgeheizte Libido sich über ihm entladen würde.

Doch seltsam – dieser Gedanke kam ihr schal an und grau vor. Warum nur?

Mit einem unwilligen Schnauben schob sie all diese lästigen Fragen beiseite und widmete sich ihrem Äußeren. Die Haare föhnen und kämmen, lange und ausführlich. Ein wenig Rouge, und Kajal. Ein Hauch Lippenstift. Dann trat sie vor den Kleiderschrank. Glücklicherweise nahm sie immer zu viel mit, wenn sie wegfuhr, egal wohin. So bot sich ihr noch eine hinreichende Auswahl.

Sie entschied sich für schwarze Unterwäsche mit dem trägerlosen BH und für das bordeauxrote Sommerkleid. Für die Jahreszeit war es noch ein wenig zu leicht, knapp knielang und mit U-Boot-Ausschnitt. Doch sie mochte, wie es sich an ihren Leib schmiegte und den Schwung der Hüften aufnahm. Dazu die schwarzen Voltan-Pumps, und Alex würde...

Sie erstarrte, den zweiten Fuß noch nicht ganz im Schuh. Was machte sie hier eigentlich? Wieso zog sie diesen Fummel an, wenn sie gleich ins Bett wollte?

„Oh Mann!", stöhnte sie und ließ die Schultern sacken. „Das gibt´s doch gar nicht!"

Eine der Schranktüren bestand aus einer durchgehenden Spiegelfläche. Sie konfrontierte sich mit ihrem Bild. Eine attraktive junge Frau südländischen Typs glotzte ihr entgegen, bereit für alles, was die Nacht noch bieten mochte. Die nackten Schultern schimmerten sanft im Licht der Wandlampe.

Ein Zucken stahl sich in die Mundwinkel. Daraus entstand ein Grinsen. Schließlich lachte sie laut heraus. Nicht zu fassen! Anscheinend hatte sie schon entschieden, noch mit Alex auszugehen, bevor es ihr überhaupt bewusst wurde.

„Na schön, du Flittchen", murrte sie ihr Spiegelbild an. „Wenn du dich schon so herausgeputzt hast, dann können wir doch gleich mal sehen, ob wir auch Gesellschaft bekommen."

Mit dem Gefühl betörenden Leichtsinns griff sie zum Telefon und wählte die Zwölf, die Nummer von Alex´ Zimmer. Es tutete, mehrfach, doch niemand nahm ab. Nach dem zehnten oder zwölften Signalton legte sie auf, die Stirn gerunzelt. Wo war er? Vor weniger als einer Stunde, nach der Rückkehr aus dem Dorf, hatte er sich artig von ihr verabschiedet und ihr eine gute Nacht gewünscht. Schlief er? Doch nein, das Telefon konnte man kaum überhören. War er auch noch losgezogen? Ohne sie? Oder vielleicht joggen gegangen? Jetzt, mitten in der Nacht?

Die Leichtigkeit entwich aus ihr wie aus einem undichten Ballon, sie seufzte müde. Bei dem Gedanken, jetzt das Kleid auszuziehen und ins Bett zu gehen, da schrie alles in ihr auf vor Enttäuschung. Dabei war es doch genau das, zu dem sie sich entschieden hatte, oder? Was sie Alex verkündet hatte. Was richtig war, vernünftig, klug. Und was nun ein Brennen in ihre Augenwinkel trieb. Der Kloß in ihrer Kehle schwoll schnell zu Orangengröße und...

Es klopfte.

Sie fuhr herum, mit jagendem Puls. Die Hand auf der Klinke verharrte sie einen Moment. Dann riss sie die Tür auf.

Alex, natürlich. Seine Haare schimmerten noch feucht von der Dusche, und auch er hatte sich frisch angezogen. Diesmal nicht die ewige Jeans-weißes-Hemd-Kombination, sondern eine weiße Leinenhose und ein Hemd in Rot- und Grautönen, auf dem Ethnomuster mit vagen Aborigine-Assoziationen prangten. Damit sah er wild aus. Wild und verteufelt attraktiv.

Sein ernstes Gesicht leuchtete auf, als er sie in dem Kleid erblickte. Sie verbarg ein breites Grinsen mit einer Hand vor dem Mund und trat beiseite. Wortlos kam er herein. Die Tür glitt ins Schloss, und sie standen voreinander und sahen sich an. Keiner wagte zu atmen.

„Schön, dass du noch auf bist", raunte er. „Ich – ich musste dich einfach nochmal sehen..."

„Schön, dass du gekommen bist." Sie ergriff seine Hand. „Ehrlich gesagt hatte ich gerade versucht, dich anzurufen. Du hast dich nicht gemeldet."

„Ich war schon hier unten, vor deiner Tür", gestand er mit einem Lächeln. „Seit mindestens fünf Minuten überlege ich mir, ob es richtig ist, zu klopfen."

„Und?" Sie legte den Kopf zur Seite. „Ist es richtig?"

„Für mich schon. Und für dich?"

Sie nahm sich Zeit, um der Frage nachzuspüren.

„Ja", murmelte sie dann. „Für mich auch."

Der Fluss der Zeit verlangsamte sich, stoppte. Der Augenblick dehnte sich und gewann die Qualität der Ewigkeit. Sehr langsam legte Alex seine Hände auf ihre Hüften und zog sie an sich. Der Abstand zwischen ihren Körpern und ihren Augen schrumpfte im Zeitlupentempo. Fetzen von guten Vorsätzen und Vernunftgründen wirbelten durch ihren Kopf, umweht von einem Hauch von Panik. Doch sie leistete keinen Widerstand. Dieser Mann zog sie an wie einen Magnet. Sie fühlte sich als glückliches, kleines Eisenteilchen, das dieser Kraft nichts entgegensetzen konnte, und dies auch nicht wollte.

Ihre Arme legten sich um seine Schultern, ohne dass sie ihnen einen Befehl gegeben hätte. Sie sah zu ihm auf. Die eisgrauen Augen lohten, ganz und gar nicht eisig. Ihre Leiber berührten sich, fanden zueinander, aneinander.

„Kathrin, ich will diese Nacht mit dir verbringen", flüsterte er, Minzgeschmack im Atem. „Ich will mit dir ins Bett. Nur zärtlich, ohne Vögeln. Ich... brauche dich!"

„Ja." Sie holte tief Luft, was ihren Busen an ihn drückte, und atmete stotternd aus. „Ich glaube, ich will das auch..."

„Wow!"

Bei seinem Lächeln rann es ihr warm durch Mark und Bein. Wie von selbst trafen sich ihre Lippen zu einem bedächtigen, beinahe nachdenklichen Kuss. Kathrin kam sich vor wie ein Stück Butter in der Sonne. Alle Gedanken und Überlegungen verloren ihre Form, schmolzen dahin, büßten jegliche Bedeutung ein. Nur dieser Augenblick zählte, etwas anderes existierte nicht mehr auf der Welt. Sie gab sich hin, lehnte sich an seine starke Gestalt, und zerfloss.

Küsse. Drängender jetzt, leise Schmatzlaute produzierend. Seine Arme um ihren Rücken, die Kraft darin. Eine Zunge, die sich zwischen ihre Lippen tastete. Sie spürte das Zittern unterdrückter Lust und öffnete den Mund, leckte daran, schwelgte in der unglaublichen Intimität der Berührung. Der Eisenring seiner Umarmung schloss sich enger um sie, und sie genoss es, wie er ihr den Brustkorb zusammen und die Luft abdrückte. Am liebsten wollte sie mit ihm verschmelzen, eins werden, Atom für Atom...

Eine innere Warnlampe leuchtete auf. Das war ein gefährlicher Wunsch, signalisierte es. Sie schluckte und raffte den letzten Rest klaren Denkens zusammen.

„Alex, du musst mir eines versprechen", murmelte sie, ohne den Kontakt ihrer Lippen zu lösen.

„Mhm?"

„Du musst aufpassen. Du bist verantwortlich dafür, dass wir auf der guten Seite der Grenze bleiben. Du darfst nicht schwach werden. Auch wenn ich dich anflehe, mich endlich richtig zu vögeln."

Er sah ihr in die Augen und saugte sanft an ihrer Oberlippe.

„Versprochen."

Die Vertrauenswürdigkeit von Eckpfeilersteinen schwang in seiner Stimme. Sie glaubte ihm und konnte endgültig loslassen.

Für einen Sturz im freien Fall.

***

ENDE DES 2. TEILS
  • Geschrieben von Dingo
  • Veröffentlicht am 27.10.2021
  • Gelesen: 7373 mal
Das Profilbild von Dingo

Kommentare

  • Mone28.10.2021 13:32

    Profilbild von Mone

    Nun,ich bin gespannt...und eigentlich was ist dabei, es geht um Lust und Leidenschaft und nicht ums Leben

Schreiben Sie einen Kommentar

0.151